Die bunte und geheimnisvolle Seite von Tatarstan: versteckte Kunstwerke an verlassenen Orten und großflächige Gemälde an riesigen Häuserfronten. Ein Streifzug durch urbane Kunst als Teil von Kultur und Subkultur im Osten Europas. Ergebnis ist ein Foto-Essay – mit Street Art aus Kasan, der Hauptstadt der autonomen Republik Tatarstan.
Mit rund 1,2 Millionen Einwohnern ist Kasan die achtgrößte Stadt Russlands. Theater und Museen gehören zu den kulturellen Highlights der Wolga-Metropole. Und hier, im europäischen Teil der Russischen Föderation, wo Islam und Christentum aufeinandertreffen, ist Kunst natürlich auch in Kirchen und Moscheen ein Thema. Doch gibt es noch einen weiteren Blick auf die Hauptstadt, er offenbart buntes und kreatives. Man muss nur etwas genauer hinschauen, um diese andere Seite von Kasan, übrigens auch als Sportstadt bekannt, zu entdecken.
Inhalte
Urbane Kunst im Wohngebiet
Blick in ein Wohngebiet außerhalb des Stadtzentrums von Kasan: ein Kinderspielplatz, Parkplätze, einige Geschäfte. Menschen, die ihre Einkäufe nach Hause bringen. Ihr Ziel: zehnstöckige Hochhäuser. Etwas weiter haben andere bis zu siebzehn Etagen, eine typische Trabantenstadt. Gedeckte Farben und große Flächen dominieren das Viertel. Dazwischen: riesige bunte Gemälde, die die tristen Bauwerke verschönern. Monströse Murals mit abstrakten Motiven verleihen der Siedlung einen farbenfrohen Kontrast.
Street Art am Stadtrand
Szenenwechsel. Ein Feldweg am Stadtrand von Kasan, abseits der Hauptstraße. Rostige Gleise, Unkraut wuchert zwischen den Schienen der stillgelegten Eisenbahnstrecke. Seitlich des verlassenen Pfades lässt sich Industriegelände erahnen, hinter einer Mauer, die von Stacheldraht überspannt ist. Ein Terrain, wie gemacht für Kunst im Untergrund. Damir Daxov lautet der Name des Mannes, der für die meisten Werke hier verantwortlich ist, der Hashtag #daxgraffiti führt auf die Spur des Kasaner Künstlers. Das einsame Areal ist sein Atelier. Galerie und Ausstellungsraum für zufällige Besucher.
Subkultur auf Fabrikgelände
Letzter Schauplatz ist ein Ort mit Tradition und Geschichte. Anfang des 20. Jahrhunderts haben die Alafuzov-Werke eine Rolle während der Russischen Revolution gespielt. Die Leder- und Textilfabrik gehörte zu den Keimzellen der Arbeiterbewegung. Inzwischen wird hier nicht mehr gestreikt, wie noch vor hundert Jahren, nicht einmal mehr produziert. Stattdessen liegt Schutt auf dem Gelände, zerbrochene Fensterscheiben und bröckelnde Backsteine prägen das Bild des ehemaligen Industrieareals. Viele bunte Kunstwerke sorgen jedoch für Farbtupfer inmitten des morbiden Milieus. Graffiti und Murals zieren Wände und Türen. Talentierte Schöpfer haben ihren Spraydosen coole Kunst entlockt.
Statt Industrieproduktion ist Kultur nun das Stichwort auf dem Grundstück und wieder sind es Hashtags, die für Infos sorgen, die Auskunft geben darüber, was hier passiert. So heißt es etwa: #Alafuzovloft, #Alafuzovgallery, #Alafuzovmarket oder #Alafuzovparty. Das Alafuzov Loft, so nämlich der Name der Location, ist Treffpunkt und Theater, Club und Kunstgalerie, kurzum: ein spannendes alternatives Kulturprojekt.
Urban Art in Kasan
Drei Orte in Tatarstans Hauptstadt, ganz unterschiedlich und doch so ähnlich. Gemeinsam sind ihnen die kreativen Kunstwerke im öffentlichen Raum, die ausdrucksstarken bunten Gemälde. Und so besteht kein Zweifel, neben Museen, Theatern und Denkmälern ist auch urbane Kunst Teil der Kultur in Kasan. Man muss halt nur etwas genauer hinschauen, um sie zu entdecken.
Hinweis: meine Reise nach Tatarstan erfolgte auf Einladung von Visit Tatarstan.
Ich liebe Streetart! Und da hast du echt schöne Stücke gefunden!
Besonders gruselig finde ich diese riesigen Maskenverschnitte.
Cool finde ich das Streetart von dem Gesicht, das fast zugewachsen ist.
Es sieht so gewollt aus, dass nur noch die Augen über die Pflanzen linsen. Mega stark!
Beste Grüße aus Singapur!
Michelle
gowhereyourhearttellsyoutogo.wordpress.com
Danke, Michelle! Ja, ich kann mich für diese Art von Kunst auch immer mehr begeistern … 😉
LG, Wolfgang
Hallo Wolfgang,
eine tolle Sammlung von Streetart aus Kasan hast Du da zusammen gestellt. Am besten gefallen mir die Bilder, die von Pflanzen umrankt sind. Die finde ich richtig Klasse. Irgendwie außergewöhnlich, Streetart in Abbruchhäusern oder an Hausfassaden sind ja schon fast alltäglich. Aber die Einbeziehung der Natur ist was Besonderes.
Liebe Grüße,
Monika
Wussten Sie, Damir Daxov, dass er gestorben ist?
Oh … 🙁 Nein, ich habe nur seine Kunstwerke in Kasan bewundert und kannte ihn ansonsten ja gar nicht. Anschließend hatte ich ihn dann bei Instagram (wo der Account jetzt geschlossen ist) wiedergefunden.
Was ist denn passiert (er muss doch noch sehr jung gewesen sein…)?
He’s alive.
proof: https://vk.com/damirdax
Thank you! Even if I don’t know him personally, this is good to know! 😉