Songkran, das traditionelle buddhistische Neujahrsfest der Thai, ist das Fest der Reinigung und der Erneuerung. Bekannt ist das mehrtägige Festival für hitzige Wasserkämpfe auf der Straße, die sich aus rituellen Waschungen und Reinigungszeremonien entwickelt haben. In Phuket Town habe ich mich aber auch auf die Suche nach traditionellen Songkran-Bräuchen begeben.
Wer zu Songkran die Tak-Bat-Zeremonie in Phuket Town erleben will, muss früh aufstehen. Ich selbst hätte beinahe verschlafen und das Ritual verpasst. Als ich endlich losstiefele, ist es gerade erst hell geworden und die Stadt scheint noch zu schlafen. “Where you go?” heißt es nach einigen hundert Metern. Eine Gruppe von Männern sitzt mit Thai-Whisky an der Straße, ganz in der Nähe, wo ich selbst auch vor einigen Stunden noch in einer Bar Bier getrunken hatte. Neugierig mustern mich die Zecher, die die Nacht erst verschluckt und jetzt wieder ausgespuckt hat. Wohin ich gehe? Ich zeige geradeaus, die Straße entlang. Sie führt nach Saphan Hin, eine Parkanlage direkt an der Küste und Veranstaltungsort von Tak Bat. “Nothing over there!”, rufen sie mir noch nach, da wäre doch gar nichts. Ich hatte meinen Weg längst fortgesetzt, es ist keine Zeit für lange Debatten.
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Songkran, worum gehts?
Der Begriff Songkran stammt aus dem alt-indischen Sanskrit, das die thailändische Sprache beeinflusst hat. Übergang ist die Bedeutung, denn Songkran wird gefeiert, wenn die Sonne in das Tierkreiszeichen Widder eintritt. Traditionell beginnen die Festlichkeiten mit der Reinigung von Häusern und Wohnungen, in Tempeln werden anschließend Speiseopfer dargebracht und Buddha-Statuen mit Wasser begossen. Außerdem wird Sand in die Tempel getragen und dort zu Chedis geformt, glockenförmigen, nach oben hin spitz zulaufenden Tempelelementen. Als Symbol dafür, dass der Staub, den die Gläubigen von den heiligen Orten mit ihren Schuhen forttragen, wieder zurückgebracht wird. Wichtig ist zudem der Respekt gegenüber älteren Familienmitgliedern und auch hier spielt Wasser eine Rolle, es wird den Älteren von den Jüngeren über die Hände gegossen.
Im Lauf der Zeit hat sich aus den traditionellen Ritualen und Familienfeiern nun eine exzessive Spaßveranstaltung entwickelt. Jeder macht jeden nass – Schüsseln, Schläuche und Pistolen sind dabei im Einsatz und es entstehen die Bilder, die meist mit dem thailändischen Neujahrsfest in Verbindung gebracht werden. Songkran ist zur wohl größten Wasserparty der Welt geworden!
Tak Bat in Phuket Town
Gerade rechtzeitig erreiche ich Saphan Hin, den Park am Meer, um die offizielle Eröffnung der Songkran-Festlichkeiten in Phuket Town mitzuerleben. Im Mittelpunkt der Veranstaltung steht Tak Bat, im Rahmen dieser Zeremonie werden 139 Mönche und junge Novizen sowie auch einige Nonnen mit Almosen in Form von Nahrungsspenden versorgt.
Viel Prominenz ist anwesend, allen voran der Gouverneur von Phuket, Phakaphong Tavipatana, und die Bürgermeisterin der Provinzhauptstadt Phuket Town, Somjai Suwannaphapana. Während die jungen Nachwuchsmönche etwas abseits auf den Beginn des Almosenrituals warten, sind die einleitenden Reden der prominenten Persönlichkeiten erfreulich kurz. Nachdem die warmen Worte an das Publikum gerichtet sind, werden zunächst noch einige Vögel von den Honoratioren in die Freiheit entlassen, im Buddhismus eine Geste der Güte, ein Zeichen, dass das Leben geehrt und geschätzt wird.
Anschließend startet die eigentliche Tak-Bat-Zeremonie. Die Mönche und Nonnen schreiten Tischreihen ab, auf denen Päckchen mit Nahrungsmitteln und Getränken vorbereitet sind, die von den Gästen der Veranstaltung nun, verbunden mit einem kurzen Gebet, in die Almosenschüsseln der Dienerinnen und Diener Buddhas gelegt werden. Während Männer und Novizen orangefarben gekleidet sind, tragen die Nonnen fliederfarbene Gewänder. Ihre Schüsseln sind schnell gefüllt und werden zwischendurch immer wieder geleert. Der Inhalt wird in Säcke gepackt, die später von den Mönchen und ihren Helfern abtransportiert werden.
Tak Bat, ein jahrhundertealter Brauch, findet übrigens nicht nur zu Songkran statt. Das Ritual der Almosengabe ist fester Bestandteil thailändischer Kultur und wird sowohl regelmäßig als auch zu bestimmten Anlässen vollzogen, so neben Songkran auch an weiteren wichtigen buddhistischen Feiertagen.
Songkran anderswo in Thailand
Offiziell wird Songkran an drei Tagen gefeiert, schaut man jedoch genauer hin, stellt man fest, dass es regionale Unterschiede gibt. Sowohl was die Dauer der Festlichkeiten betrifft als auch bezüglich der Inhalte. Phuket ist die größte von Thailands mehr als 500 Inseln und hat als einzige den Status einer Provinz. Und während in der Hauptstadt Phuket Town die Festivitäten mit der Tak-Bat-Zeremonie gerade erst eingeläutet wurden, sind die Feiern an anderer Stelle bereits in vollem Gange. In Patong, dem Touristen-Hotspot schlechthin, stehen schon seit zwei Tagen Tanzshows und Party auf dem Programm, sogar eine Miss Songkran wurde gekürt.
Auch in Ayutthaya, nördlich von Bangkok, haben die Songkran-Rituale längst begonnen. Aus der alten Königsstadt kommen Bilder bunt bemalter Elefanten – tanzend und mit Wasser spritzend nehmen die Dickhäuter dort eine Hauptrolle ein. Dass diese Art der Songkran-Zelebrierung prompt Kritik von Tierschützern auf den Plan ruft, dürfte sicher nicht überraschen. Aber zurück nach Phuket Town, wo sich nach dem Ende der morgendlichen Veranstaltung alles schnell auflöst und ich mich wieder auf den Weg zurück ins Zentrum mache.
Maha Songkran, der erste Feiertag
Noch immer ist es früh am Morgen, aber auf der Straße werden inzwischen erste Vorbereitungen getroffen. Einige Anwohner haben bereits große Bottiche mit Wasser aufgestellt, “Munition” für die anstehenden Spritzaktivitäten. Eine junge Frau beobachte ich außerdem dabei, wie sie sich eine Paste ins Gesicht schmiert, etwas, was später noch häufiger zu sehen sein würde. Alles hat eine Bedeutung, und während das Wasser von Unglück und Sorgen befreit, ist Babypuder, aus dem die Schmiere besteht, das Symbol für viel Nachwuchs, der für eine gesicherte Zukunft im Alter sorgt.
Von der Phuket Road sind es nur wenige Meter zum eindrucksvollen Morgenmarkt Talad Kaset, wo wie immer reger Betrieb herrscht. Heute, an Maha Songkran, dem ersten Tag des Songkran-Festes, scheint der Andrang allerdings noch größer zu sein, insbesondere dort, wo es die beliebten Frühstückssnacks gibt. Dim Sum, kleine, gedämpfte Köstlichkeiten, die ihre Wurzeln in China haben, und Roti, thailändische Pfannkuchen indischen Ursprungs, sind besonders begehrt.
“Songkran, Songkran” ruft mir ein Taxifahrer zu, als ich vom Morgenmarkt schließlich das letzte Teilstück des Heimwegs zu meiner Unterkunft antrete. Es ist einer der Punkte, an denen es sonst oft heißt “Massage boom boom?”, was nichts anderes beinhaltet als das freundliche Angebot, mich schnurstracks zum nächsten Puff bringen zu wollen. Sieh an, auch das ist heute also anders! Doch bin ich mir sicher, einige Stunden später würde die Ansage wieder wie gewohnt lauten – Songkran hin, Songkran her! Denn jetzt am frühen Vormittag dürften die Bumsläden ja ohnehin noch geschlossen sein.
Wasserfest in Phuket Town
Am späten Nachmittag ziehe ich wieder los, es ist Zeit, nach dem Stand der Wasserschlachten zu schauen. Und ich muss gar nicht lange suchen, gleich um die Ecke haben sich bereits die ersten Protagonisten positioniert, die niemanden, der vorfährt oder vorbeiläuft, ungeschoren lassen.
Unvorbereitet trifft das keinen der Passanten, schließlich weiß jeder, was die Uhr geschlagen hat. Viele sind ihrerseits ebenfalls mit großen bunten Pistolen bewaffnet und erwidern das “Feuer”. Ich arbeite mich langsam vor zur Limelight Avenue, einer kleineren Shopping Mall nicht weit von der Altstadt. Auf dem dortigen Parkplatz findet dreimal die Woche der Indy Market von Phuket Town statt und jetzt ist die Straße davor komplett für das feucht-fröhliche Songkran-Festival gesperrt.
Die dunkle Seite von Songkran
Am Zugang zum Festivalgelände erfolgt zunächst eine sorgfältige Leibesvisitation, sie gilt neben gefährlichen Gegenständen sicher auch alkoholischen Getränken. Die Veranstaltung in Phuket Town steht nämlich unter dem Motto “Songkran No Alcohol” und das aus gutem Grund. Während des thailändischen Neujahrsfestes wird nicht nur jede Menge Wasser verspritzt, sondern auch exzessiv Alkohol gebechert. Und da der Konsum alkoholischer Getränke für viele Thailänder kein Grund ist, Auto oder Moped stehen zu lassen, kommt es während der Songkran-Feierlichkeiten jedes Jahr landesweit zu Unfällen mit tausenden von Verletzten und hunderten von Todesopfern.
In Phuket Town wird nun also alkoholfrei gefeiert, was der Stimmung keinen Abbruch tut. Im Gegenteil, es herrscht ausgelassene Fröhlichkeit und natürlich wird munter gespritzt, trocken bleibt heute niemand! Dazu gibt es ein vielseitiges Unterhaltungsprogramm, Life-Musik von Rock bis Hip-Hop begeistert insbesondere die jüngeren Besucher. Zwischendurch wird aber auch an traditionelle Songkran-Bräuche erinnert: Auf der Bühne zeigen festlich herausgeputzte Kinder den stolzen älteren Familienangehörigen ihren Respekt.
Songkran, das Fazit
Irgendwann klinke ich mich aus der Feierei aus, es ist Zeit, ein trockenes Plätzchen zu suchen. Um bei einem Imbiss und einem Bier, ich muss ja nicht fahren, die Eindrücke des ersten Tages zu verarbeiten. Das Fazit von Maha Songkran mündet anschließend vor allem in einer Frage: Wird es tatsächlich noch zwei weitere Tage genau so enthusiastisch weitergehen mit den exzessiven Aktionen in den Straßen von Phuket Town?
Am nächsten Morgen ist es draußen dann sehr ruhig, kein Wunder nach dem ausgelassenen Treiben am Vortag. Die eigentliche Überraschung aber, es sollte auch im weiteren Verlauf des Tages so bleiben. Kein wildes Wasserspritzen mehr, viele Geschäfte haben ohnehin geschlossen und es herrscht eine friedliche Feiertagsstimmung. Nur in der Altstadt kehrt ab Nachmittag eine rege Geschäftigkeit ein, wie jeden Sonntag. Es sind die Vorbereitungen für Lard Yai, den wöchentlichen Nachtmarkt, bei dem die Thalang Road zur Walking Street wird, eine Touristenattraktion, die regelmäßig Besucher von anderen Orten der Insel in die Provinzhauptstadt lockt. Also beinahe alles wie immer, nur eine Fotokulisse mit Songkran-Motiv erinnert an das thailändische Neujahrsfest und eine Plastikpistole zu Dekozwecken liegt ebenfalls bereit.
So überrascht es nicht, dass es auch am dritten und letzten Tag des Songkran-Festes weiterhin ruhig bleibt. Schon am Nachmittag öffnen dann auch viele der zuvor geschlossenen Geschäfte und Restaurants wieder und Normalität kehrt endgültig ein. Nur einen Tag lang wird Songkran also in Phuket Town gefeiert. Der aber hat es in sich und umfasst die ganze Bandbreite an Aktivitäten – von traditionellen Ritualen am frühen Morgen bis hin zu wilder Wasserschlacht am Abend. Eine sehr sympathische Art des Umgangs mit dem thailändischen Neujahrsfest. Und zudem sehr passend für die charmante Stadt, die so gar nichts hat von dem Klischee, das Phuket anhaftet.
Wann findet Songkran statt?
Das thailändische Neujahrsfest hat einen festen jährlichen Termin: 13. bis 15. April. Es gibt regionale Besonderheiten bezüglich Dauer und Länge und darüber hinaus Abweichungen. In Phra Pradaeng bei Bangkok etwa wird vom 19. bis 21. April gefeiert (hier eine Quelle).
Songkran-Programm für Phuket Town?
Es war nicht ganz einfach, im Vorfeld verlässliche Infos zu bekommen, letztlich konnte ich die Angaben, insbesondere zu Tak Bat, The Phuket News entnehmen.
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