Cádiz gilt als eine der ältesten Städte Europas, möglicherweise ist sie die älteste. Kolumbus, der von Spanien nach Indien wollte, tatsächlich aber Amerika entdeckte, hat seine Reisen zweimal von Cádiz aus gestartet, Sagen und Geschichten ranken sich zudem um Herkules und Atlantis. Im Gegensatz zu Kolumbus war ich bereits in Indien, hätte aber dafür Cádiz beinahe nicht für mich entdeckt. Dank einer großartigen Gastgeberin und ihren Tipps ist es anders gekommen.
Beinahe wäre ich wieder abgereist. Ich hatte bereits den Rückweg zum Busbahnhof erwogen, die Weiterfahrt an einen anderen Ort in Andalusien. Warum? Die ersten an meinem Weg durch die Altstadt gelegenen Herbergen waren ausgebucht. Dazu kamen die ganzen Touristen, meist in Horden unterwegs, ein Ausweichen in den engen Straßen war nur schwer möglich. Ein holpriger Start – viel hätte nicht gefehlt und ich wäre wieder weg gewesen!
Eine Stunde später sitze ich bei Blanca im Wohnzimmer. Noch immer in Cádiz. Was war passiert? Ich hatte ein Café aufgesucht und dank WLAN dort meine Fühler bei Airbnb nach einer Bleibe ausgestreckt. Warum war ich bloß nicht eher darauf gekommen? Jetzt sitze ich auf dem Sofa, über den Dächern von Cádiz. So, als wäre es das selbstverständlichste auf der Welt.
Lesetipps: mehr zu Andalusien
- Perde und Flamenco: Jerez de la Frontera: Versackt im Sherrydreieck
- Auf den Spuren von Hemingway: Ronda – die Schönheit am Abgrund
- Alte maurisch/europäische Architektur: Arcos de la Frontera: Das weiße Dorf
- Ein weiteres Dorf der Pueblos Blancos: Vejer de la Frontera
- Eine andere spannende Sicht auf Cádiz mit schönen Bildern unter dem Titel Cádiz – Festungsmauern, Gärten und Columbus
Unten wird es auf einmal laut. Neugierig eile ich zum Fenster. Meine Gastgeberin reagiert nicht. Das sei normal, sagt sie. Manchmal sei es sogar unmöglich, das Haus zu verlassen, wenn gerade eine Prozession vorbeizieht.
Inhalte
Was wohl erst beim Karneval los sein mag? Der Carnaval de Cádiz gehört zu den größten Veranstaltungen seiner Art in der Welt. Nur übertroffen von Rio de Janeiro und Trinidad. Wer die engen Strassen von Cádiz kennt, kann sich ausmalen, was das bedeutet: Ausnahmezustand!
Der Karneval in Cádiz ist eine Mischung aus andalusischem Flamenco, afrikanischen Rhythmen sowie Samba und anderen lateinamerikanischen Tänzen und Klängen. Das ganze Jahr laufen die Vorbereitungen auf dieses Fest. Es findet, genau wie in Deutschland, im Februar statt, elf tolle Tage lang.
Der Februar ist weit weg und somit auch der Karneval. Aber Flamenco, den möchte ich gern erleben. Freitags sei die beste Gelegenheit, sagt Blanca. Die Peña Flamenca La Perla de Cádiz ist der passende Ort, um der traditionellen Musik aus Gesang, Instrumenten und Tanz beizuwohnen. Schade, aber dafür bin einen Tag zu spät in Cádiz angekommen.
Sonnenuntergang vor James-Bond-Kulisse
Wir machen uns auf zum Strand, es ist Zeit für den Sonnenuntergang. La Caleta ist nur zehn Minuten vom Stadtzentrum entfernt. Im Jahr 2002 ist hier Halle Berry dem Meer entstiegen, im James-Bond-Film “Stirb an einem anderen Tag”. Cádiz war dabei in die Rolle von Havanna geschlüpft, dem eigentlichen Schauplatz der Szene. Wie viele Kuba-Reisende wohl dort, in der Hauptstadt, bereits vergeblich nach der Kulisse, dem Strandbad mit den markanten Türmchen, Ausschau gehalten haben?
Blanca fragt, ob ich die Sage von Herkules und den Säulen kenne. Ich muss passen. Die Säulen, eine drüben in Marokko und eine in Gibraltar sind Teil des Wappens von Cádiz. Herkules, als griechischer Halbgott auch unter dem Namen Herakles bekannt, gilt als Gründer der Stadt, so jedenfalls die Sage.
Und Atlantis, die sagenumwobene versunkene Stadt sei außerdem ziemlich genau hier gewesen, ergänzt Blanca. Wir sitzen also direkt über Atlantis, frage ich? Sie nickt. Für den nächsten Tag empfiehlt sie mir einen Gang zum Gipsy Market, es mache Sinn, früh dort hinzugehen. Trotzdem bin ich wohl zu spät, der Markt scheint bereits vorbei. Stattdessen gibt es andere Eindrücke auf der Hafenseite, die hoch aufragenden Kräne dort erinnern ein wenig an Hamburg.
Verlaufen kann man sich in Cádiz nicht, irgendwann ist man doch wieder am Meer, das die Altstadt, auf einer Landzunge gelegen, gleich von drei Seiten umschließt. Und das wesentliche an der Neustadt? Sicher der Strand, die Playa Victoria gilt als sauberster und schönster Stadtstrand in Europa.
Dauer der perfekten Siesta?
Mittags halte ich es meist mit den Einheimischen und gehe dorthin, wo sie Tapas zu sich nehmen, begleitet von kaltem Bier. Und befolge natürlich auch dabei gern Blancas Tipps. Es ist heiß, die Stadt fällt bald in den Mittagsschlaf, so wie anderswo in Spanien auch. Nur mit der Dauer habe ich so meine Probleme. Die perfekte Siesta dauert 20–30 Minuten, lerne ich von Blanca. Das leuchtet ein, denn je länger ich liege, desto schwerer fällt mir das Aufstehen. Aber wozu dann erst hinlegen, um doch nach 20 Minuten bereits wieder aufzustehen? Das kriege ich nicht hin.
Eine interessante Alternative ist mittags auch der Markt, Mercado Central de Abastos. Neben Obst und Gemüse, vor allem aber frischem Fisch, warten Imbissstände auf die hungrige und durstige Kundschaft.
Flamenco geht unter die Haut
Inzwischen ist Freitag und nach einer Woche ich bin noch immer in Cádiz. Und freue mich auf den Flamencoabend. Die Peña Flamenca La Perla de Cadiz ist bis auf den letzten Platz gefüllt. 100 Besucher mögen es sein, vielleicht auch 150 oder mehr, ich bin nicht besonders gut im Schätzen.
Die Darbietung ist großartig, mit fünf verschiedenen Ensembles. Eindrucksvolle Musik, die unter die Haut geht. Vereinzelte Zwischenrufe kommen aus dem Publikum, anfeuernd, begeistert. Und immer wieder Standing Ovations. Nach drei Stunden gehe ich, in der zweiten Pause, bin müde. Ich hätte besser bleiben sollen, später bereue ich es ein wenig. Und würde zudem in in Jerez de la Frontera ganz andere Erfahrungen mit Flamenco machen.
Am Abend bin ich noch einmal im El Pelicano MusiCafe direkt am Meer, und genieße den letzten Sonnenuntergang bei einen Sundowner. Bevor ich mich am nächsten Tag wieder zum Busbahnhof begebe. Was hätte ich nicht beinahe alles verpasst.
Wenn ich irgendwann zurückkehre nach Cádiz, dann werde ich auf einen Freitag wieder in der Peña sein, es war ein eindrucksvolles Erlebnis. Flamenco gäbe es dann aber auch für mich die ganze Nacht, so viel ist sicher. Und meine Herberge wäre dann wieder über den Dächern der Stadt. Dort, wo ich am frühen Morgen den Sonnenaufgang über der “Tacita de Plata“ sehen kann. Dem Silbertässchen, so der Spitzname von Cádiz, angelehnt an die Form der vom Atlantik umspülten Halbinsel. Woher ich das weiß? Von Blanca natürlich, meiner großartigen Gastgeberin.
Tipps für Cádiz: 5 Fragen an Blanca Treviño
Welches sind Deine Lieblingsrestaurants in Cádiz?
Die Ultramarinos Bar El Veedor ist bekannt für Schinken, Käse und Wein. Außerdem gibt es dort die besten Tortillas. Ich mag am liebsten die Tortilla Espanola. In der Bar El Laurel gibt es typisch spanische Hausmannskost zu günstigen Preisen. Außerdem gefällt mir die Taberna Casa Manteca.
Was ist die Spezialität in Cádiz, gibt es etwas typisches zu essen?
Frittierter Fisch, den solltest Du in der Freiduria Las Flores probieren.
Dein Lieblingsviertel?
Das Barrio La Vina, es ist eine sehr spezielle Gegend, mit Peñas und individuellen, originellen Menschen. Dort ist auch das Herz des Karnevals.
Hast Du weitere Tipps für Cádiz?
Die Strandbars, die Chiringuitos. Und die Theaterbars im Barrio El Pópulo, das ist aber vor allem etwas für Leute, die spanisch sprechen. Außerdem natürlich die Pena Flamenca für Flamenco. Jedes Mal, wenn ich selbst zurückkehre nach Cádiz, zieht es mich übrigens als erstes nach La Caleta, zum Sonnenuntergang. Flamenco en los Balcones, das ist auch ein ganz besonderes Ereignis, dann gibt es Flamenco von Balkonen, jeweils Dienstags im Juli. Und El Carnaval de Cádiz, den Karneval, natürlich auch, der darf nicht fehlen.
Verrätst Du noch ein Geheimnis, etwas besonderes zu Cádiz?
Die Einwohner sind freundliche Menschen und daher überall im Land beliebt. Cádiz genießt in Spanien ein hohes Ansehen. Wenn ich anderswo im Land unterwegs bin und sage, ich komme aus Cádiz, dann lächeln die Leute sofort.
- Ultramarinos Bar El Veedor, Calle Veedor, 8
- Bar El Laurel (Facebook), Calle Obispo Urquinaona, 3
- Taberna Casa Manteca (Facebook), Calle del Corralón de los Carros, 66
- Freiduria Las Flores, Plaza Topete, 4
- Peña Flamenca “La Perla de Cádiz” (Website mit Programm), Calle Carlos Ollero
Nach diesem Bericht: Vielleicht sollte ich Cádiz doch noch einmal eine Chance geben.
Aber dann bitte nicht mir die Schuld geben, Robert, wenn Du wieder nicht warm wirst mit Cádiz! 😉
Die Stadt hatte ich bisher auch überhaupt nicht auf dem Schirm. Sieht aber super aus 🙂
Liebe Grüße
Franzi
Oh ja, Cádiz ist cool! 😉 Aber es ist doch schön, wenn die Ziele nicht ausgehen, es gibt ja sooo viel zu entdecken auf der Welt … 😀
LG, Wolfgang
Schöner Bericht … und Airbnb war ja ein echter Volltreffer 😉
La Caleta, Markt, Kathedrale und röm. Theater waren meine Highlights. Barrio La Vina hatte für mich einen leichten Touch “Rüdesheimer Drosselgasse”.
Wir kommen wieder, allerdings eher die Umgebung (Donana, Jerez, Santi Petri, Verez, …).
Viele Grüße.
Peter
Vielen Dank für´s Feedback, Peter! Und ja, Airbnb ist cool, keine Frage … viel Spaß “in der Umgebung” beim Wiederkommen! 😉
LG, Wolfgang
Und ich hab es ausgelassen, weil es irgendwie in der Rundreise zu weit nördlich ging 😀 Das mit den Siestas kann ich übrigens sehr gut. Meist doppelt so lange 😀
Tja, also Andalusien dann noch mal und MIT Cadiz! Schöne Inspiration 🙂
LG Claudi
Danke für´s nette Feedback, Claudi! 😉 “Doppelt so lange” reicht bei mir übrigens nicht bei den Siestas, ich brauche ein vielfaches! Hahaha … 😀
Und beim ersten Mal in Andalusien hab´ ich witzigerweise Cádiz auch ausgelassen. Aber wer weiß, wie es sonst gekommen wäre … wäre vielleicht anders gewesen, nicht so schön. Es hat manchmal wohl schon seinen Sinn, so wie´s kommt … 😉
LG, Wolfgang
it’s perfect, thanks for all. I love how you have felt my city! you will be welcome always!
I also thank you, Blanca … 😉 I guess I should come back to Cadíz for carnival, but for this year it´s too late, isn´t it? 😉
Cadiz ist ein Traum, waren leider nur ein paar Stunden dort im Rahmen einer Kreuzfahrt. Aber Cadiz – jederzeit wieder wenn’s passt, lieber als Lissabon oder Porto.
Ja, Hans-Georg, in Cádiz lässt es sich gut auch länger aushalten! Ich weiß, wovon ich spreche … 😉
Wobei mir aber insbesondere Porto übrigens auch sehr gut gefällt …
Ein sehr schöner Blog und eine wunderbare Beschreibung von Cadiz, dass ich bald wieder ins Auto steige und rüber fahre. Immerhin lebe ich nur 3 Autostunden weit weg. Auf nach Atlantis !
Ich werde nun gleich weiter lesen bei Dir !
Deine Fotos und Texte sprechen mich total an !
Liebe Grüße Gabriela
Herzlichen Dank für das tolle Feedback, Gabriela. 😀
Dann hätte ich ja in etwa die gleiche Entfernung zurückzulegen, ich müsste nur das Flugzeug statt des Autos nehmen … 😉
Hola Wolfgang,
2015 war ich selbst 2 Wochen in Cádiz, und es war ein Traum, ich würde immer wieder zurück. Was mich anzieht? Die Menschen, die sehr gastfreundlich sind, die Natur (z.B Genovés Park in Cádiz o. Playa de la Victoria), auch das Essen war sehr lecker. Ich war zu diesem Zeitpunkt 17 Jahre, aber hatte viel Spaß.
Dein Blog gefällt mir sehr gut, weiter so 🙂
Dankeschön, Mina! 😀
Ja, ich wäre auch beinahe schon einmal nach Cádiz zurückgekehrt (das “Problem”: es gibt so viele schöne & interessante Orte auf dieser Welt…).
Dann hoffe ich, dass Du mir als Leserin erhalten bleibst … 😉
LG, Wolfgang
Ich plane eine Reise ende April. Kannst du mir Cadiz in diesem Zeitraum empfehlen?
Aber ganz bestimmt, Sebastian! Die Temperaturen werden dann sehr angenehm sein, bevor so im Juli, August die heißesten Monate anstehen … April ist also eine ideale Zeit, um Cádiz zu besuchen, würde ich sagen … 😉
Danke für die wundervollen Erinnerungen und Inspirationen. Cádiz, die weisse Stadt im Meer, zählt zu meinen Lieblingsorten. Mehr von dort findest Du bei mir unter http://soscheescho.de/cadiz-die-weisse-insel-an-der-kueste-des-lichts/