Street Art in Bangkok: Stencil von Artiste Ouvrier.
Thailand

Street Art in Bangkok: Auf den Spuren von Artiste Ouvrier

Street Art in Bang­kok – eine Ent­de­ckung in den Stra­ßen der thai­län­di­schen Haupt­stadt führt zu Pierre-Benoit Dumont, Pseud­onym Artis­te Ouvrier. Der Fran­zo­se zählt zu den renom­mier­tes­ten Scha­blo­nen­künst­lern, sei­ne Spu­ren in Bang­kok sind der Schlüs­sel zu die­ser Geschichte. 

Das Inter­net ver­rät es: Im März 2019 war Pierre-Benoit Dumont in Bang­kok. Klar, das Netz weiß schließ­lich (fast) alles! Ein klei­nes, aber fei­nes Kunst­werk, ein mit Scha­blo­ne und Spray­do­se gefer­tig­tes Sten­cil, führt zu dem Fran­zo­sen und die sozia­len Medi­en hel­fen dabei, den Kon­takt her­zu­stel­len zu Artis­te Ouvrier, so das Pseud­onym des ver­sier­ten Scha­blo­nen­künst­lers. Schon spru­delt der Stoff für die Geschich­te, die ihren Ursprung hat in Thong Lo, dem Ort des Street-Art-Funds in Bangkok.

Street-Art-Fundstück in Bangkok: Stencil von Artiste Ouvrier.
Street-Art-Fund­stück: Sten­cil in Thong Lo

Street-Art-Rarität in Thong Lo

Das Vier­tel gilt als hip und tren­dig, mit sei­nen Bars, Cafés und Restau­rants ist Thong Lo (oder auch Thong Lor oder Thon­glor) eine der ange­sag­tes­ten Gegen­den Bang­koks. Mit der Soi Suk­hum­vit 55 zieht sich eine pul­sie­ren­de Ver­kehrs­ader durch das Quar­tier und am Rand der viel­be­fah­re­nen Haupt­stra­ße wird mein Bum­mel durch das Trend­vier­tel auf ein­mal zum Street Art Hun­ting. Genau hin­schau­en muss man, um das Kunst­werk im Vor­bei­ge­hen nicht zu über­se­hen – es ziert einen der zahl­lo­sen Strom­käs­ten, neben Sti­ckern sowie Tags, also Mar­kie­run­gen aus der Graf­fi­ti-Sze­ne, die mit Kunst nichts zu tun haben. Begeis­tert, dass sein Werk noch exis­tiert, zeigt sich spä­ter der Urhe­ber: “Wow, und das nach fast vier Jah­ren!” Zudem mache er sol­che ille­ga­len Sachen ja eher sel­ten, ver­rät Artis­te Ouvrier. Das in Bang­kok hin­ter­las­se­ne Sten­cil ent­puppt sich als klei­ne Street-Art-Rarität!

Street Art in Bangkok: Insekten-Stencil von Artiste Ouvrier.
Street Art in Bang­kok: Insek­ten-Sten­cil von Artis­te Ouvrier

Doch damit nicht genug, nur ein paar Schrit­te wei­ter der nächs­te Fund: Ein Insekt ziert eine von Ris­sen über­zo­ge­ne Wand, über­sät außer­dem mit Pla­kat­fet­zen und Krit­ze­lei­en. Eine Signa­tur suche ich dies­mal ver­geb­lich, nichts führt unmit­tel­bar auf die Spur des Künst­lers. Die spä­te­re Recher­che lie­fert jedoch das Ergeb­nis: Auch für das Insek­ten-Sten­cil ist der Fran­zo­se Artis­te Ouvrier verantwortlich!

Artiste Ouvrier: Künstler und Kosmopolit

Erst vor weni­gen Tagen ist der Künst­ler umge­zo­gen, hat sein Domi­zil von Kali­for­ni­en, wo er drei Jah­re in Los Ange­les und Mali­bu gelebt hat­te, nach Mal­lor­ca ver­legt. Dort war­tet er nun sehn­süch­tig auf das Wich­tigs­te: den Con­tai­ner mit sei­nem Ate­lier! Fast vier Jah­re zuvor war es ein soge­nann­ter Visa Run, der Artis­te Ouvrier nach Bang­kok führ­te: “Zehn Jah­re lang habe ich jeden Win­ter in Indi­en ver­bracht, 2019 muss­te man das Land dann aber nach drei Mona­ten ver­las­sen, um sein Visum zu erneu­ern.” Was ist hän­gen­ge­blie­ben von einer Woche in der thai­län­di­schen Haupt­stadt? Die Hit­ze und die unver­ständ­li­che Spra­che kom­men dem Künst­ler sofort in den Sinn. Die Stadt selbst sei sehr inter­es­sant gewe­sen, nur die Zeit lei­der viel zu knapp.

Artiste Ouvrier bei Instagram.
Blick ins Port­fo­lio: Artis­te Ouvrier bei Instagram

Auch in Ham­burg hat Artis­te Ouvrier drei Jah­re ver­bracht, noch heu­te schwärmt der Künst­ler von den vie­len Grün­flä­chen und der Fahr­rad­freund­lich­keit der Han­se­stadt. Er habe sich damals sogar vor­stel­len kön­nen, den Rest sei­nes Lebens an der Elbe zu blei­ben. Tja, gekom­men ist es dann aber doch ganz anders! Ham­burg und Indi­en, Kali­for­ni­en und jetzt Mal­lor­ca, Artis­te Ouvrier wird sich kaum dage­gen weh­ren kön­nen, als Kos­mo­po­lit bezeich­net zu werden.

Wie entsteht ein Stencil?

Bis zum fer­ti­gen Kunst­werk ist es mit­un­ter ein lan­ger Pro­zess, plau­dert der Künst­ler aus dem Näh­käst­chen. Foto­gra­fie­ren, Bild­aus­wahl, dru­cken, schnei­den: Es kann ein paar Stun­den dau­ern oder auch zwei Wochen. Beein­flusst wird Artis­te Ouvrier von Kunst­rich­tun­gen des 19. Jahr­hun­derts, Jugend­stil und Prä­raf­fae­lis­mus. Die Geheim­nis­se sei­ner Tech­nik: Statt fünf oder sechs Scha­blo­nen ver­wen­det er ledig­lich zwei, wäh­rend bis zu 48 Far­ben im Ein­satz sind, cha­rak­te­ris­tisch ist zudem die enor­me Lie­be zum Detail. Im Jahr 2005 grün­det Artis­te Ouvrier die Free Uni­ver­si­ty of Sten­cil Art, bil­det seit­dem auch ande­re Künst­le­rin­nen und Künst­ler aus. Eine von ihnen ist Ade­line Yve­tot, Künst­ler­na­me ADEY, und auch das öster­rei­chisch-fran­zö­si­sche Künst­ler-Paar Jana & JS gehört dazu.

Street-Art-Raritäten in Bangkok: Stencils von Artiste Ouvrier.
Street-Art-Rari­tä­ten in Bang­kok: Sten­cils von Artis­te Ouvrier

Von Pariser Jugendstil zu Street Art in Bangkok

Und was hat es nun mit den Sten­cils von Thong Lo auf sich? Die schö­ne Frau am Strom­kas­ten ist eine Hom­mage an Alfons Mucha, her­aus­ra­gen­der Ver­tre­ter des von Artis­te Ouvrier gelieb­ten Jugend­stils. Wir schrei­ben das Jahr 1889 und Paris gilt als Nabel der Kunst­welt, zudem ist dort gera­de Welt­aus­stel­lung. Grund genug für den jun­gen Mucha, an die Sei­ne zu zie­hen, wo ihm mit der Erstel­lung von Ver­an­stal­tungs­pla­ka­ten der Durch­bruch gelingt. Sei­ne Pos­ter in den Stra­ßen von Paris machen den Künst­ler welt­be­kannt, sind so begehrt, dass sie von Lieb­ha­bern heim­lich sti­bitzt wer­den. Pas­te-up wür­de man die gekleb­ten Wer­ke im heu­ti­gen Street-Art-Jar­gon nen­nen – Alfons Mucha, der Jugend­stil-Ver­tre­ter aus dem 19. Jahr­hun­dert, also auch so etwas wie ein Street-Art-Pionier?

Von Alfons Mucha inspiriert: Street Art in Bangkok von Artiste Ouvrier.
Inspi­riert von Alfons Mucha: Street Art in Bang­kok von Artis­te Ouvrier

Rund 130 Jah­re ver­ge­hen, bis nun, inspi­riert von Mucha, ein ech­ter Artis­te Ouvrier in den Stra­ßen von Bang­kok zu fin­den ist. Und das Insekt? Dabei han­delt es sich um eine Ent­de­ckung in Japan, die Grö­ße des Tie­res sowie sei­ne auf­fäl­li­gen Geräu­sche haben den Künst­ler zur Repro­duk­ti­on animiert.

Artiste Ouvrier, der “Anti-Banksy”

Und was ist mit Bank­sy? Auch der sich als Phan­tom insze­nie­ren­de Bri­te arbei­tet doch mit Scha­blo­ne, ist das also ver­gleich­bar? Denk­wür­dig ist eine Erfah­rung aus dem Jahr 2008: Artis­te Ouvrier war mit 23 wei­te­ren Sten­cil-Künst­lern zu einem Fes­ti­val gela­den, alles sei jedoch nur auf Bank­sy, den Initia­tor, aus­ge­rich­tet gewe­sen, die ande­ren Künst­ler wur­den nicht ein­mal in der Pres­se erwähnt. Zudem soll Bank­sy inzwi­schen weder sei­ne Scha­blo­nen per­sön­lich schnei­den noch selbst malen. Nein, ver­gleich­bar sei das wirk­lich nicht, “ich bin das exak­te Gegen­teil von Bank­sy”, stellt der Fran­zo­se fest.

Bunte Hauptstadt: Street Art in Bangkok

Bang­kok ist ein Street-Art-Hot­spot, wie vie­le ande­re Metro­po­len auch, loka­le wie inter­na­tio­na­le Künst­ler sor­gen für die bun­ten Wer­ke. Eini­ge die­ser Frei­luft­ga­le­rien sind das Ergeb­nis von Graf­fi­ti- oder Street-Art-Fes­ti­vals, etwa im Cha­lerm­la Park, auch bekannt als Graf­fi­ti Park, oder in der Cha­ro­en Krung Soi 32. Die Kanal-Pro­jek­te Ong Ang und Sathon Canal Art wer­ten ihre Umge­bung mit zahl­rei­chen Wand­ma­le­rei­en auf, glei­ches gilt für die Akti­on Pipit Bang­lam­phu Street Art.

Street Art in Bangkok.
Bun­tes Bang­kok: Street-Art-Auswahl

Ein “ech­ter” Street-Art-Hun­ter wird womög­lich die Nase rümp­fen ange­sichts sol­cher “Main­stream-Objek­te” und sich selbst auf die Suche machen in den Stra­ßen von Bang­kok. Um dort viel­leicht auch irgend­wo eine klei­ne Rari­tät zu ent­de­cken – so wie das Sten­cil am Strom­kas­ten, das Werk von Artis­te Ouvrier, dem Kos­mo­po­li­ten und “Anti-Bank­sy”, der eigent­lich Pierre-Benoit Dumont heißt. Eines Tages wird die­ses Kunst­werk ver­schwun­den sein, so viel steht fest, nur das Inter­net wird dann noch dar­an erin­nern. Das Netz weiß schließ­lich nicht nur (fast) alles, es ver­gißt auch nicht!

Infos & Hinweise

Der Künstler

Ich selbst muss gei­zen mit Fotos, mehr als die zwei Sten­cil-Fund­stü­cke aus Bang­kok kann ich nicht prä­sen­tie­ren. Daher eini­ge Quel­len für wei­te­re Infos und Bilder:

In eigener Sache

Auch der Autor freut sich übri­gens über Fol­lower auf den fol­gen­den Kanälen:

Dort gibt es lau­fend Anek­do­ten, bun­te Bil­der und aktu­el­le Infos – kos­ten­los und wer­be­frei. Zur­zeit noch aus Thai­land, dem­nächst jedoch auch wie­der von anderswo.

Autor, Reisereporter und Reiseblogger. Nachdem man ihn dazu gebracht hat, seine vorherige berufliche Karriere zu beenden (um das böse Wort Mobbing zu vermeiden), treibt ihn die Neugier hinaus in die Welt und er erzählt Geschichten von unterwegs.

4 Kommentare zu “Street Art in Bangkok: Auf den Spuren von Artiste Ouvrier

  1. Hal­lo Wolf­gang, dei­ne Street­art-Berich­te lesen wir stets sehr ger­ne, und auch die­ser Blog­post ist mal wie­der sehr span­nend, der Künst­ler war uns bis­lang noch gänz­lich unbe­kannt. Beim nächs­ten Mal in Bang­kok wer­den wir uns in Thong Lo ein­quar­tie­ren, dan­ke auch für die­sen Tipp. Über­haupt Thai­land… Ein guter Freund von uns lebt in Ranong, und eigent­lich wäre es höchs­te Zeit, ihn mal wie­der zu besu­chen. Vie­le Grü­ße von den “Hierd­ad­orts” Gabi und Michael

    • Wolfgang Käseler

      Moin Micha­el,
      vie­len Dank für das net­te Feedback! 🙏
      Weiß aller­dings gar nicht, ob ich Thong Lo für die Quar­tier­su­che in Bang­kok emp­feh­len soll … außer, dass ich da ein paar Mal her­um­ge­lau­fen bin, ver­bin­det mich (abge­se­hen vom Street-Art-Fund und der Geschich­te dazu) mit dem Vier­tel eigent­lich gar nix, zudem schla­ge ich selbst mein Domi­zil ja regel­mä­ßig ganz woan­ders auf (näm­lich in Bang Rak).
      Vie­le Grü­ße aus der Stadt der Engel, Wolfgang

  2. Hi Wolf­gang,
    ich woh­ne zwar in Ber­lin, habe aber die Street­art für mich erst in Bue­nos Aires entdeckt.
    Und da ich ab dem 1. Janu­ar in Bang­kok bin, wer­de ich jetzt wohl ein paar Tage län­ger ein­pla­nen müssen.
    PS Weißt du, ob es den Flug­zeug­fried­hof noch gibt?
    BG, Peter

    • Wolfgang Käseler

      Moin Peter,
      habe kei­ne Ahnung bezüg­lich des Flug­zeug­fried­hofs, war selbst nie dort, gehe aber davon aus, dass es den noch gibt.
      Dan­ke für den Kom­men­tar & Grü­ße aus Chiang Mai,
      Wolfgang

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