Èze Village liegt an der Mittelmeerküste, in 430 m Höhe und rund 8 km Luftlinie von Nizza entfernt. Friedrich Nietzsche hat hier oben einen Teil seines Werkes “Also sprach Zarathustra” geschrieben und soll gern einen später nach ihm benannten Wanderweg genutzt haben. Ich bin dem Chemin de Nietzsche gefolgt und auf den Spuren des berühmten Mannes gewandelt.
Nietzsche war ein kranker Mann, heißt es. Lange Zeit war er auf der Suche nach Orten, an denen sich das Klima günstig auf seinen Gesundheitszustand auswirkt. Frankreich, Italien, Deutschland und die Schweiz hat er deswegen bereist und so ist er wohl auch nach Éze gekommen. Seine Leidenschaft für den Wanderweg, der hoch hinauf in den Ort führt, hat er in Briefen erwähnt.
Auf Nietzsches Spuren
Von Èze-sur-Mer, wo sich der Bahnhof befindet, fährt zwar auch ein Bus hinauf nach Èze Village, das hatten meine Recherchen ergeben, diese bequemere Art des “Aufstiegs” kommt jedoch nicht infrage. Mir steht der Sinn danach zu wandern, so wie Friedrich Nietzsche seinerzeit.
Ich lasse den Bahnhof hinter mir und wende mich auf der Küstenstraße nach rechts. Wenig später weist auch schon ein Schild die Richtung, der Wanderweg beginnt hier bereits und führt schnurstracks nach oben. Nach einigen hundert Metern überhole ich noch zwei junge Männer, weiteren Menschen sollte ich anschließend nicht mehr begegnen. Immer wieder halte ich jedoch kurz inne auf dem überwiegend steinigen Pfad und genieße den eindrucksvollen Blick auf das Meer, wobei sich die Perspektive mit zunehmender Höhe verändert. Es lässt sich erahnen, wovon sich Nietzsche hier seinerzeit hat inspiriert lassen.
Nach knapp einer Stunde sind die ersten Ausläufer von Éze Village erreicht. Es ist aber fast alles zugebaut hier oben, eine freie Sicht ist kaum möglich. Den Ausblick gibt es nur für zahlende Gäste, Hotels und Restaurants haben den Kuchen nämlich unter sich aufgeteilt, auf dem einsamen Weg nach oben war das so noch nicht zu vermuten. Auch die Parfümerien von Grasse unterhalten offensichtlich Zweigstellen in Èze Village. Grasse gilt als “Weltstadt der Düfte”, in 30 Fabriken werden dort aus Zutaten wie Rose, Lavendel, Zitrone und Jasmin edle Düfte kreiert. Die zahlenden Gäste in Éze werden es danken – mit barer Münze oder ihrer Kreditkarte.
Weingenuss in der Höhe
Nach Zahlung des Eintrittsgeldes betrete ich Le Jardin exotique d’Eze, eine Gartenanlage mit zahlreichen Kakteen und anderen exotischen Pflanzen. Der Blick von hier gilt als einer der spektakulärsten der Welt und die Details des Gartens geraten dabei zur Nebensache. Wer wird schon auf exotische Pflanzen achten angesichts des einzigartigen Ausblicks aus 430 m Höhe, hinweg über den mittelalterlichen Ort Richtung Meer?
Ein Pärchen kommt wenig später hinzu. “Drink wine in France at places like this“ höre ich ein paar Meter weiter und der junge Mann öffnet sogleich eine Flasche Roséwein – ganz sicher gut gekühlt. Sogar Gläser haben die beiden dabei und sie haben natürlich recht, der Genuss passt hervorragend zu diesem Ort. Und ihren Leitspruch werde ich mir merken, vielleicht lässt er sich auf meinem Trip an der Côte d’Azur an anderer Stelle ja auch einmal in die Praxis umsetzen.
Wenig später trete ich den Rückweg an, mache aber noch einmal kurz Halt, bevor ich Èze endgültig den Rücken kehre. Vor einem Restaurant werden kalte Getränke serviert, daran kann ich nicht vorbeigehen und das leckere, frisch gezapfte Pelforth bestätigt sogleich die Richtigkeit der Entscheidung. Der kalte Gerstensaft ist eine großartige Erfrischung vor dem anstehenden Abstieg, auch “drink beer at places like this” funktioniert also, nur auf den Ausblick muss ich inzwischen verzichten. Was wird Nietzsche in Éze wohl getrunken haben? Man weiß es nicht. Bei Hemingway etwa, einem anderen berühmten Schriftsteller, wäre das anders. Auch Ernest war viel unterwegs, hatte überall ein Lieblingsgetränk und seine Drinks sind dokumentiert. Das aber ist ein anderes Thema, für mich geht es nun endgültig zurück nach unten – noch wohlig beseelt vom Biergenuss.
Durchgeschwitzt erreiche ich am Ende dieses schönen Ausflugs den Bahnhof von Èze-sur-Mer und wechsele zunächst das Hemd. Mit dem nächsten Zug geht es anschließend wieder los, aber noch nicht zurück nach Nizza. Zunächst weiter in die andere Richtung, Monaco ist das Ziel. Das Fürstentum ist nur wenige Kilometer entfernt, eine Stippvisite bietet sich geradezu an.
Später, dann aber tatsächlich auf der Rückfahrt nach Nizza, muss ich noch einmal an den kranken Nietzsche denken. Es gibt wahrlich schlechtere Orte als Éze Village, um an Meisterwerken wie “Also sprach Zarathustra” zu schreiben, wenngleich ich gestehen muss, dass ich es bisher gar nicht kenne. Davon, dass auch Nietzsche irgendwann einmal in Monaco war, ist übrigens nichts bekannt. In seinen Briefen hätte er das sicher erwähnt. Aber was ist schon ein Besuch Monacos gegen eine Tour auf dem Wanderweg, die mit einer solch grandiosen Aussicht belohnt wird – auf dem Chemin de Nietzsche, dem Pfad, der nach seinem prominentesten Wanderer benannt ist?
Schön, dass Du auch in Europa reist und nicht nur in Übersee.
Ich bin mir an den Bahnhöfen der Côte Azur immer unsicher, ob der Zug rechtzeitig kommt. Aber ist der Bus wirklich eine Alternative?
Ist in groovyplanet.de Mietwagen für das Hinterland für erlaubt? Zum Beispiel kann man die Teststrecken der Radprofis am Berg erleben.
Warum hast Du im Tal nicht gebadet?
Moin, Rudolf. Naja, in Frankreich sollte der Bahnverkehr wohl eigentlich zuverlässig funktionieren. Zumindest zuverlässiger als zum Beispiel in Indien. Mal von gelegentlichen Streiks abgesehen. Die sollen da ja häufiger vorkommen. An genau dem Tag übrigens auch (was meinen Trip ein paar Stunden verzögert hat). Die Frage, ob Mietwagen erlaubt sind, verstehe ich nicht. Wer sollte das verbieten? Gebadet habe ich in Cassis. Das war an einem anderen Tag …
Das sieht ja fast ein bisschen wie die Amalfiküste aus – zumindest auf dem einen Bild. Dort könnte ich mich auch gut vorstellen, wandern zu gehen und mich danach mit einem kühlen Getränk zu erfrischen. 🙂
Herzlich,
Anna
Die Amalfiküste kenne ich leider nicht, aber Du wirst sicher recht haben, Anna … 😉
Und ich finde, ein kaltes Bierchen ist überall auf der Welt das schönste Bierchen (besonders nach dem Wandern). 😀
LG, Wolfgang