Einmal Tourist sein in der Heimat und historische Sehenswürdigkeiten in Hannover entdecken. Möglich macht es der Tag des offenen Denkmals, bei dem in diesem Jahr elf interessante Bauwerke im Mittelpunkt standen. Das spannende daran? Die meisten sind für die Öffentlichkeit sonst kaum zugänglich.
Ein Sonntag im September, spätsommerlich warm ist es in Hannover. Fabelhafte Bedingungen für eine Exkursion in Niedersachsens Hauptstadt. Sightseeing vor der eigenen Haustür statt irgendwo in der großen weiten Welt. Einige der Sehenswürdigkeiten sind bestens bekannt. Von außen allerdings nur, von innen hatte ich bisher noch keines der Bauwerke gesehen.
Tag des offenen Denkmals: Was ist das?
Ursprünglich aus Frankreich stammend und dort erstmals 1984 umgesetzt, wurde die Idee nach und nach von weiteren Länder aufgegriffen. 1991 hat der Europarat die European Heritage Days initiiert, während in Deutschland die Deutsche Stiftung Denkmalschutz seit 1993 den Tag des offenen Denkmals koordiniert. Die Veranstaltung findet jährlich, jeweils am zweiten Sonntag im September, statt, nächster Termin: 10.09.2017. Jedes Mal gibt es etwas Neues zu entdecken, im kommenden Jahr wird das Event unter dem Motto „Macht und Pracht“ stehen. “Gemeinsam Denkmale erhalten” lautete der Leitspruch in diesem Jahr. Wer die im Text genannten Stätten unabhängig vom Denkmaltag erforschen möchte: Konkrete Infos zu den beteiligten Sehenswürdigkeiten in Hannover folgen am Ende dieses Artikels.
Erste Station: ein Blick über Hannover aus der Vogelperspektive. Ziel ist die Waterloosäule, bereits von weitem zu sehen, ganz oben thront Victoria, die Siegesgöttin. In der rechten Hand hält sie den Kranz aus Lorbeer, das Symbol des Sieges. Erinnern soll das Denkmal, nomen est omen, an die gleichnamige Schlacht, das Gemetzel bei Waterloo.
Inhalte
- 1 Hannovers Sieg gegen Napoleon
- 2 Mediengeschichte in Hannover
- 3 Döhrens mittelalterlicher Turm
- 4 Lichtspiel in der Kirche
- 5 Hase unter Dämonen
- 6 Kultur in der Christuskirche
- 7 Historisches Lister Krankenhaus
- 8 Das Museum im Museum
- 9 Hannover in Schutt und Asche
- 10 Rostiger Nagel im Beginenturm
- 11 Der “Vampir von Hannover”
- 12 Schöne Kirche in Linden
- 13 Lindens wahres Wahrzeichen
- 14 Denkmaltag – ein Fazit
Hannovers Sieg gegen Napoleon
Man schrieb das Jahr 1815, als hunderte Hannoveraner maßgeblich an der Niederlage Napoleons beteiligt waren. Truppen des Königreichs Hannover kämpften Seite an Seite mit Engländern und Preußen gegen Napoleons Grande Armée. Ort des Geschehens: Waterloo im heutigen Belgien. Für den besiegten Franzosenkaiser ging es anschließend bekanntlich ins Exil. Nach St. Helena, einsame Insel irgendwo im Südatlantik zwischen Afrika und Südamerika. Zwar heißt es, man langweile sich dort zu Tode, der ehemalige Feldherr und Diktator wurde jedoch vom Krebs dahingerafft.
Die Besteigung der Siegessäule ist nur selten möglich, groß ist daher der Andrang am Sonntagvormittag. 189 Stufen führen hinauf zur Aussichtsplattform, wo der Journalist Conrad von Meding für Erläuterungen sorgt. Auf das Niedersachsenstadion, quasi zu Füßen des Monuments liegend, fällt der Blick. Niedersachsenstadion? Aber ja, eingefleischten Hannoveranern wird der neue Name der Arena, gestiftet von finanzkräftigen Sponsoren, nicht über die Zunge gehen. Der wechselt ohnehin alle paar Jahre, Niedersachsenstadion aber, das bleibt.
Niedersachsenstadion klingt nach Bier und Bratwurst, nach morschen Holzbänken und Helden der Vergangenheit. Als die Roten, wie die Ballkünstler von 96 genannt werden, Meisterschaften und Pokalsieg nach Hannover holten. Aktuelle Namensgeber der Arena kommen und gehen. Sind beliebig und austauschbar, eines aber ganz sicher nicht: zur Identifikation geeignet. Niedersachsenstadion ist da anders, ist Symbol für Tradition. Und für Verbundenheit zur Region. Werte, die bestimmt auch den wackeren Burschen vor 200 Jahren nicht fremd waren. Den Hannoveranern, die auszogen, um Napoleon zu zeigen, wo der Barthel den Most holt.
Mediengeschichte in Hannover
Wir erfahren, dass die ursprüngliche Altstadt von Hannover tatsächlich größer und teilweise anderswo verortet war als das, was nach Ende des Zweiten Weltkriegs um die Marktkirche herum aus Schutt und Ruinen entstanden ist.
Einige Bauwerke mit grünen Kuppeln bilden markante Punkte im hannoverschen Stadtbild. Das Verlagsgebäude Anzeiger-Hochhaus etwa, ein Wahrzeichen der Stadt. Gebaut in den 1920er Jahren als eines der ersten Hochhäuser im damaligen Deutschen Reich. Augenzwinkernd lenkt Zeitungsmann von Meding die Aufmerksamkeit auf das Architektur-Denkmal, schließlich beherbergt es neben dem höchsten Kinosaal Deutschlands auch die Redaktion des Experten für Stadtentwicklung und Architektur. Bedeutende Nachkriegsjournalisten schrieben hier Mediengeschichte. Rudolf Augstein war gebürtiger Hannoveraner und ist im Stadtteil Linden zur Schule gegangen. Er gründete im Anzeiger-Hochhaus das Nachrichtenmagazin “Der Spiegel”. Auch Henri Nannens “Stern” entstand hier.
Döhrens mittelalterlicher Turm
“Wohnen da Leute drin?” fragt ein kleiner Junge. Ich habe mich in die Schlange eingereiht, die sich bereits vor dem Döhrener Turm, meinem zweiten Anlaufpunkt, gebildet hat. Nein, aber früher der Turmwärter, erzählt die Dame, die draußen die Besucher mit Infos versorgt. Und dreht den Spieß prompt um, befragt den kleinen Mann nun ihrerseits, ob Hannover denn in der Schule schon behandelt wurde. Wie auch immer, auf einmal ist Friedrich Haarmann Thema des Gesprächs. Der Serienmörder, um den sich schaurige Geschichten ranken. Der aber nichts mit dem Turm hier zu tun hatte. Fritz hatte sein Revier im Zentrum von Hannover, für damalige Verhältnisse weit entfernt vom Döhrener Turm. Und vermutlich besser geeignet, um Opfer für seine grausigen Verbrechen zu finden.
Drinnen geht es zurück zum eigentlichen Thema. Bruno Hanne vom Heimatbund Niedersachsen erklärt, dass der Döhrener Turm nicht Verteidigungszwecken diente, sondern vor allem der Beobachtung von Freund und Feind. Es handelte sich also nicht um einen Wehrturm, sondern um einen Wartturm, der zudem Zollstation und Wirtshaus war. Stressig muss es gewesen sein, wenn etwa der Tross des Bischofs von Hildesheim in der Ferne zu sehen war. Eilig wurde dann ein Bote nach Hannover geschickt, um für den hohen Besuch auf die Schnelle eine standesgemäße Begrüßung zu arrangieren. Was für ein Unterschied zur heutigen Zeit, in der eine Botschaft per Email oder SMS innerhalb weniger Sekunden von Hildesheim nach Hannover gelangt. Oder ans andere Ende der Welt, sofern erforderlich.
Lichtspiel in der Kirche
Das Tageslicht bricht sich in bunten Glasfenstern und lenkt die Aufmerksamkeit sogleich auf die Wand hinter dem Altar. Am intensivsten sei das Lichtspiel vormittags gegen 10 Uhr, weiß Jens Eggert zu berichten. Bei Konfirmanden finde es häufig mehr Interesse als die Predigt von der Kanzel, fügt das Mitglied des Kirchenvorstands schmunzeln hinzu. Die Auferstehungskirche, ebenfalls im Stadtteil Döhren, ist ein vergleichsweise moderner Bau, entstanden in den 1960er Jahren. Anderen Kirchen aus dieser Zeit drohe inzwischen Abriss oder Verkauf, erfahre ich. Ein Schicksal, dass der mittlerweile unter Denkmalschutz stehenden Auferstehungskirche erspart bleibt. Eine Besonderheit ist das über dem Altar hängende Kruzifix mit dem vom Kreuz gelösten Jesus. Von dieser Art der Darstellung gäbe es überhaupt nur drei oder vier Figuren, berichtet Jens Eggert.
Hase unter Dämonen
Stefanie Sonnenburg ist die Pastorin der Gemeinde und übernimmt die Führung, zunächst außen herum um die Christuskirche in der hannoverschen Nordstadt. Über dem Seiteneingang prangt ein Bild von Adam und Eva, die gerade aus dem Paradies geworfen werden. Die Mimik der beiden ist eindeutig: pure Verzweiflung. Tja, das kommt davon, wenn man von verbotenen Früchten nascht.
Weiter gehts mit irdischen Dingen, architektonischen Details. Was macht die Hasenfigur an der Kirchenfassade? Der Architekt der Christuskirche, Conrad Wilhelm Hase, hat sein Wappentier zwischen die kleinen, der Abschreckung dienenden Dämonen geschmuggelt. Künstlerische Freiheit nennt man das wohl. Gleiches wird für die Heiligen Drei Könige gelten, die auf der anderen Seite zu finden sind. Heilige sind normalerweise nicht in evangelischen Kirchen zu finden. Nicht einmal an der Fassade. Wieder etwas hinzugelernt.
Architekturprofessor Hase ist Gründer der hannoverschen Architekturschule, sein Stil von mittelalterlicher Backsteingotik geprägt. Für die Errichtung von mehr als 300 Bauwerken zeichnet der gebürtige Einbecker selbst verantwortlich, vorzugsweise unter Verwendung heimischer Baumaterialien wie Holz, Ziegel und Sandstein. Etwa 1.000 Architekten hat er zudem ausgebildet, darunter viele bekannte Namen. Nicht nur das Stadtbild Hannovers, auch das anderer norddeutscher Städte hat Hase wesentlich geprägt. Ob er auch dort Skulpturen vom Mümmelmann untergebracht hat?
Kultur in der Christuskirche
Seit 2014 beherbergt die Christuskirche den Mädchenchor Hannover und das Internationale Kinder- und Jugendchorzentrum Hannover. Allein den Chormitgliedern ist seitdem der frühere Haupteingang vorbehalten. Gottesdienstbesuchern bleibt der Zutritt von der Seite, mit Blick auf Adam und Eva. Auch an weiteren Veranstaltungen mangelt es nicht, gerade wird ein Gamelam-Workshop vorbereitet: indonesische Musik mit Hilfe von Gongs, Trommeln und anderen Instrumenten. Kirche als Kulturzentrum, sinnvoll in Zeiten abnehmender Besucherzahlen beim Gottesdienst. Bemerkenswert, was sich neben Theater, Spiel, und Bastelei im Programm der Gemeinde findet: Computernutzung für Senioren. Im PC-Seniorenkeller ist für fachkundige Anleitung gesorgt. Engagement für sozial benachteiligte und obdachlose Menschen steht außerdem im Mittelpunkt.
Historisches Lister Krankenhaus
Beim Clementinenhaus in der List handelt es sich, eigener Aussage nach, um Hannovers modernstes Krankenhaus. Dessen Geschichte, und das muss ja kein Widerspruch sein, ins 19. Jahrhundert zurückgeht. Damals hat Olga von Lützerode, die Gründerin, eifrig Spenden gesammelt, um den Bau möglich zu machen. Florence Nightingale, Wilhelm Busch und Kaiser Wilhelm I. zählten zu den prominenten Geldgebern.
Etwas versteckt hinter dem modernen Haupthaus liegt das schmucke Gebäude aus rotgelbem Backstein. Altbau und Kapelle sind zu besichtigen, so das Programm des Denkmaltages. Nachdem zwei weitere Besucher erschienen sind, machen wir uns gemeinsam auf ins Innere des Gebäudes und finden dort auch die Kapelle. Knarrende Holzdielen verleihen dem Raum, ansonsten wenig spektakulär, eine geheimnisvolle Atmosphäre. Was für Geschichten gäbe es über ihn wohl zu erzählen? Leider ist niemand hier, der berichten könnte. Vor allem bleibt die Frage offen, was im Zweiten Weltkrieg tatsächlich passiert ist. Das Krankenhaus sei fast vollständig zerstört worden, heißt es nämlich, die Kapelle hingegen blieb erhalten. Die aber befindet sich in der dritten Etage. Wie geht das? Ein Wunder oder lediglich eine missverständliche Darstellung?
Das Museum im Museum
Wer würde denken, dass es sich beim Museum August Kestner um das älteste Museum der niedersächsischen Landeshauptstadt handelt? Zudem muss man wohl architektonisch interessiert sein oder aber sehr genau hinschauen, um an der Fassade mehr zu entdecken als den Charme eines Gebäudes, das weniger an ein unter Denkmalschutz stehendes Bauwerk erinnert als an ein bekanntes Kaufhaus unweit der hannoverschen Marktkirche. Oder den Braunschweiger Bahnhof. Zudem steht das Kestner-Museum, so der frühere Name, am Trammplatz auch noch im Schatten des imposanten Neuen Rathauses.
Architektonisch interessiert jedenfalls, welch Untertreibung, ist Carolin Grützner. Nicht nur, dass sie die Kunst des Bauens studiert, auch zeichnet sie verantwortlich für die knapp 30seitige Broschüre mit dem Titel “Wie das Museum ins Museum kam”. Sie übernimmt die Führung durch ein Gebäude, das drinnen mit einer bemerkenswerten Kombination von alt und neu überrascht.
Hannoverscher Gesandter in Rom muss ein gut bezahlter Job gewesen sein. August Kestner nämlich, der ihn ausübte, verfügte offenbar über genügend Kleingeld, um seiner Leidenschaft nachzugehen, dem Sammeln ägyptischer und griechisch-römischer Kleinkunst. Die wiederum vermachte er seinem Neffen Heinrich, verbunden mit der Auflage, alles in den Schutz der Obrigkeit zu geben. Neffe Heinrich, wohl auch kein Kleinverdiener, hat noch 100.000 Mark draufgelegt und schon war die Basis für das Museum im Stil der Neorenaissance gelegt.
Hannover in Schutt und Asche
Im Zweiten Weltkrieg wurde das Gebäude teilweise zerstört, Hannover war eine der am schlimmsten von Bombenangriffen heimgesuchten deutschen Städte. Allein am „Schwarzen Tag“ in der Nacht zum 9. Oktober 1943 kamen 1.245 Menschen ums Leben und 250.000 Einwohner wurden obdachlos. Auch heute, sieben Jahrzehnte nach Kriegsende, werden gelegentlich noch Blindgänger gefunden Deren Entschärfung bisweilen die Evakuierung ganzer Stadtteile erforderlich macht. Die Reste des ursprünglichen Museums jedenfalls, die wurden nach dem Krieg von einem Neubau umgeben, wahrlich eine elegante Lösung. Entstanden ist ein Gebäude mit 5.000 kleinen Fenstern, das auf den ersten Blick so unspektakulär wirkt. Es lohnt jedoch der Blick hinein, um zu erkennen, das sich hier doch mehr verbirgt als hinter der Fassade eines Kaufhauses oder Bahnhofs.
Rostiger Nagel im Beginenturm
Als mächtiger Wehrturm war der Beginenturm zunächst Teil der hannoverschen Stadtmauer. Später fungierte er als Gefängnis, Zeughaus und Wasserturm. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde er als Künstleratelier genutzt und anschließend entstand hier, immerhin für die Dauer von 35 Jahren, eine Kneipe. Der naheliegende Name: Turm. Was für eine wechselvolle Geschichte seit dem 14. Jahrhundert, von dort datieren erste Aufzeichnungen. Inzwischen wurde der Beginenturm saniert und ist jetzt Teil des Historischen Museums. Ich komme gerade noch rechtzeitig, um den Schluss der letzten Führung mitzuerleben und den Namen der Getränkespezialität, die im “Turm” früher gereichte wurde, zu erfahren: “Rostiger Nagel”, nicht unpassend für die alte Ausschankstätte.
Der “Vampir von Hannover”
Hier übrigens, in unmittelbarer Nachbarschaft zum Beginenturm, befand sich nun tatsächlich das Revier des Serienmörders Haarmann, hundert Jahre nach seiner Hinrichtung umstrittene Kultfigur hannoverscher Zeitgeschichte. Fritz lebte in der Altstadt und bewegte sich hauptsächlich im Bahnhofsmilieu. Seine Opfer fand er im Hauptbahnhof oder unweit davon am Café Kröpcke. Diverse Morde an jungen Männern konnten dem “Vampir von Hannover” nachgewiesen werden, Knochen seiner Opfer hatte er in der Leine, die unterhalb des Beginenturms fließt, entsorgt. Dass er auch das Fleisch seiner Opfer verkaufte, konnte jedoch nie belegt werden. Aber wer sich genauer mit der Geschichte des Mannes, der in seiner Wohnung Fleischkonserven und Sülze herstellte, beschäftigt, wird daran kaum zweifeln. Seinen Opfern hatte Haarmann übrigens die Kehle durchgebissen.
Schöne Kirche in Linden
Das eindrucksvolle Gebäude der Bethlehemkirche, eingerahmt von großen Bäumen, wirkt ein wenig wie ein Märchenschloss, ist zwischen den Straßenzügen in Linden-Nord nur schwer zu entdecken. Auffällig sind die drei spitzen Türme und allerlei interessante Details bereits am Äußeren des mächtigen Gebäudes.
Linden, bis 1920 noch selbstständige Stadt unmittelbar vor den Toren Hannovers, hatte sich um die Jahrhundertwende zu einem prosperierenden Industrieort entwickelt. Die Vorgabe an den Architekten lautete daher, ein Bauwerk zu schaffen, das sich vom Stadtbild mit seinen Fabrikschornsteinen deutlich abhebt. Keine Frage, die Umsetzung ist dem Konsistorialbaumeister Karl Bohrmann eindrucksvoll gelungen. Zweifellos handelt es sich bei der Bethlehemkirche um eines der interessantesten Bauwerke Lindens und zudem eine der schönsten Kirchen in Hannover.
Lindens wahres Wahrzeichen
Der letzte Zeuge, so lautete der Titel einer Ausstellung. Es ging dabei um die Zeit, als das inzwischen hippe Szeneviertel Linden noch Industriestandort und Arbeiterviertel war. Als dort malocht und nicht gelimmert wurde. Limmern, so nennen sie das Feiern auf der Limmerstraße, daher die Bezeichnung. Sitzend, stehend oder gehend, das ist egal, nicht fehlen darf jedenfalls das Wegbier. Zunehmende Lautstärke und Verschmutzung, insbesondere durch “Gäste” des Kiez, die nächtlichen Partygänger, machen das Limmern für viele Anwohner jedoch inzwischen zum Ärgernis.
Letzter Zeuge aus der Zeit qualmender Schlote ist das Kesselhaus der ehemaligen Bettfedernfabrik Werner & Ehlers. Lange Zeit war das asbestverseuchte Gebäude nicht betretbar. Die Kesselhaus-Initiative jedoch hat, gemeinsam mit Politik und auch dank regionaler Spender und Sponsoren, fleissig saniert. Pünktlich zum Tag des offenen Denkmals ist es nun für Besucher geöffnet und der Andrang groß.
Zwanzig vor sechs ist es, als ich das Industriedenkmal hinter mir lasse. Um 18 Uhr schließen die letzten Sehenswürdigkeiten, der Kalkringbrennofen, ein weiteres Industriedenkmal in Ahlem, sowie die alte Predigthalle des jüdischen Friedhofs in der Nordstadt. Das ist zu knapp, ich belasse es dabei und bleibe in Linden, meinem Revier. Um später noch einmal zum Kesselhaus zurückzukehren. Das bei Einbruch der Dunkelheit, inzwischen illuminiert, noch an Wirkung gewinnt. Es ist das wahre Wahrzeichen von Linden.
Denkmaltag – ein Fazit
Tag des offenen Denkmals, Hand aufs Herz, klingt das nicht eher dröge und langweilig? Ist es aber nicht. Im Gegenteil, es handelt sich um eine großartige Gelegenheit, einmal hinter die Kulissen von Bauwerken zu schauen, die sonst nicht zwingend auf dem Zettel stehen. Zu den beliebtesten Sehenswürdigkeiten Hannovers zählen eigentlich Altstadt und Marktkirche, Maschsee und Neues Rathaus sowie Herrenhäuser Gärten oder der Zoo. Der Denkmaltag hingegen bietet die Möglichkeit, andere Seiten der Stadt zu entdecken. Im nächsten Jahr, am 10. September 2017, geht es weiter, nicht nur in Hannover. Es gibt schließlich noch viel mehr zu sehen. Auch ich werde wieder dabei sein. Dann jedenfalls, wenn ich nicht anderswo in der Weltgeschichte unterwegs bin.
Wer sich für die Veranstaltung interessiert: es gibt eine kostenlose Denkmaltag-App. Die hilft beim Zugriff aufs Programm und unterstützt die Orientierung vor Ort. Für die, die in diesem Jahr nicht dabei waren, die Sehenswürdigkeiten in Hannover aber unabhängig vom Tag des offenen Denkmals besuchen möchten, folgen weitere Details zur Info.
11 Sehenswürdigkeiten in Hannover
- Waterloosäule (zurzeit keine regulären Besichtigungen), Lavesallee, 30169 Hannover
- Döhrener Turm (Infos zu Führungen), Hildesheimer Straße
- Auferstehungskirche (Website), Helmstedter Straße 59, 30519 Hannover
- Christuskirche (Veranstaltungen auf Website der Nordstädter Kirchengemeinde), Conrad-Wilhelm-Hase-Platz 1, 30167 Hannover
- Clementinenhaus (für Besucher normalerweise nicht geöffnet, Geschichte von 1875 bis heute), Lützerodestraße 1, 30161 Hannover
- Museum August Kestner (Öffnungszeiten sowie Veranstaltungen und Ausstellungen), Trammplatz 3, 30159 Hannover
- Beginenturm, Teil des Historischen Museums (Öffnungszeiten), Pferdestraße 6, 30159 Hannover
- Bethlehemkirche (aktuelles), Bethlehemplatz 1, 30451 Hannover
- Kesselhaus der ehemaligen Bettfedernfabrik Werner & Ehlers (alle Infos), Zur Bettfedernfabrik 3, 30451 Hannover
- Kalkringbrennofen im Willy-Spahn-Park (Infos zu Veranstaltungen des Willy-Spahn-Park e.V.), Mönckebergallee, Höhe Nr. 18, 30453 Hannover (Ahlem)
- Alte Predigthalle auf dem jüdischem Friedhof (normalerweise nicht geöffnet), An der Strangriede 55, 30167 Hannover
Sehr schöner Bericht. Macht Lust auf Hannover. Danke.
Es grüßt
DieReiseEule
Danke! Dann herbei, herbei … 😉
LG, Wolfgang
Hallo Wolfgang, toller Bericht! Ich war schon mal in Hannover, ich hab gute Freunde dort, aber ein Wochenende war offensichtlich zu kurz und ich muss wieder nach Hannover reisen! Wer weiß vielleicht in 2017 wieder! 🙂 GLG, Fari
Hallo Fari,
danke für das nette Feedback. Und ja, ein Wochenende ist definitiv zu kurz. Ich habe ja mein ganzes Leben in Hannover verbracht (wenngleich mit abnehmender Tendenz … 😉 ) und kenne trotzdem vieles noch nicht! 😀
Liebe Grüße
Wolfgang
Vielen Dank für diesen informativen Artikel.
Gern, Jürgen. 😉 Ich freue mich, wenn es gelingt, durch diesen Bericht “mein” Hannover ein wenig näher zu bringen …