Chumphon ist das Tor zum Süden Thailands. Die Provinz verfügt über Sandstrände, Tauch- und Schnorchelreviere, weitere Aktivitäten und Sehenswürdigkeiten locken im Hinterland. Um eine königliche Hoheit, die geradezu abgöttisch verehrt wird, ranken sich außerdem Mythen und es lohnt sich, ihnen nachzugehen. Trotzdem dient die Hauptstadt vielen Touristen lediglich als Durchgangsstation. Ist Chumphon also tatsächlich noch so etwas wie ein Geheimtipp für Thailand-Reisende?
Mit gut 6.000 Quadratkilometern gehört Chumphon eher zu den kleineren thailändischen Provinzen. Klein, aber fein, könnte man daher auch sagen, denn die Region am Golf von Thailand überrascht mit wunderschönen Sandstränden, viele davon nur wenig besucht, und weiteren Attraktionen. Von Reisenden wird die Provinzhauptstadt, ihr Name ist ebenfalls Chumphon, jedoch vorzugsweise genutzt, um nach Koh Tao überzusetzen. Von preisbewussten Travellern jedenfalls, denn über Koh Samui ist die Reise zu der beliebten Schildkröteninsel zwar bequemer, aber auch teurer. Ansonsten wird Chumphon von vielen westlichen Touristen eher links liegen gelassen, und das ist das eigentlich überraschende.
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Die Inselwelt ruft
Bunte Boote liegen zu beiden Seiten der Flussmündung. Am Ufer des Tha Taphao bilden Fischerkähne eine farbenfrohe Eskorte, während es für uns Richtung offenes Meer geht – vom Hafen Pak Nam Chumphon aus, der, gut geschützt, etwas landeinwärts liegt. Noch verleiht der lehmige Boden dem Wasser ein undurchdringliches Braun, bald jedoch wird sich die Farbe in ein helles Blau verwandeln.
Wenig später leuchtet nur der Himmel noch intensiver als das Wasser des Meeres. Weiße Wolken in wunderlichen Formationen zeigen sich vereinzelt an ihm, während elegant vorbeisegelnde Vögel die imponierende Spannweite ihrer Flügel demonstrieren. Die Schnorchelgründe, draußen vor der Küste von Chumphon, sind unser Ziel. Wo sich dutzende kleiner Inseln befinden, skurrile Gesteinsmassive, manche der großen Klumpen wirken wie Hinkelsteine, die ein riesiger thailändischer Obelix hat ins Meer plumpsen lassen.
“She’s so beautiful” klingt es übers Wasser. Und “you’re amazing” geht es weiter. Beinahe könnte man meinen, der Sänger Bruno Mars habe sich persönlich unter die thailändischen Touristen auf einem der anderen Boote gemischt. Das Ziel unseres Ausflugs ist erreicht: zwischen den Inseln Koh Ngam Noi und Koh Ngam Yai wartet eine geheimnisvolle Unterwasserwelt mit exotischen Fischen und bunten Korallen. Hinein ins Wasser geht es, zum Schwimmen und Schnorcheln, während von nebenan fröhliche thailändische Stimmen herübertönen und die letzten Takte des Liedes verhallen, bevor das nächste beginnt: “…´cause girl, you’re amazing, just the way you are”.
Später, als es zurück zum Festland geht, verfärbt sich der Himmel allmählich. Wolken ziehen auf, dunkelblau, ein tropischer Regenschauer wird sich bald über uns ergießen, so wie es manchmal vorkommt in Thailand. Tief im Wasser liegend begegnen uns einige der bunten Boote. Auf den letzten Metern bilden die hinausfahrenden Fischkutter noch einmal eine attraktive Kulisse, bevor wir im Hafen schließlich wieder von Bord gehen. Und der Himmel seine Schleusen öffnet.
Ehre dem Königssohn
Richtung Meer zeigen die Mündungen mächtiger Kanonenrohre. Was hier, direkt an der Küste, wie die martialische Vorbereitung auf einen von der Seeseite erwarteten Angriff wirkt, ist in Wirklichkeit jedoch Teil eines Denkmals, nämlich des Monumentes mit dem langen Namen Krom Luang Chumphon Khet Udomsak. Steinerne Figuren, Abbildungen von Elefanten und anderen Tieren, stehen außerdem neben den Geschützen, während einige Meter weiter, vor einem kleinen Gebäude, weiß und wie ein Tempel wirkend, immer wieder Besucher niederknien. Ehrfürchtig den Kopf geneigt, halten die Thailänder, um die es sich ausnahmslos handelt, rote Rosen in ihren andächtig aneinander gelegten Händen. Manchmal aber wird es auch laut zwischendurch, dann werden Böller gezündet oder es wird mit Pistolen geballert. Wem aber gelten diese so unterschiedlichen Huldigungen?
Das Ehrenmal ist eine Hommage an den Sohn von König Chulalongkorn. Der Herrscher selbst, bekannt auch unter dem Namen Rama V., hatte bis zu seinem Tod im Jahr 1910 die Modernisierung seines Reiches, seinerzeit hieß es noch Siam, vorangetrieben. Er schaffte die Sklaverei ab und knüpfte Beziehungen zu den wichtigsten europäischen Mächten, wodurch es ihm sogar gelang, Thailand vor der Kolonisierung zu bewahren. Wichtig war für Rama V. der Blick über den Tellerrand, er selbst unternahm etliche Reisen und sorgte außerdem dafür, dass seine Söhne im Ausland eine qualifizierte Ausbildung erhielten.
Einer dieser Söhne war nun auch der Mann, der hier so inbrünstig verehrt wird: der Prinz von Chumphon ist das achtundzwanzigste Kind des Monarchen und auch er profitierte von der bemerkenswerten Weltoffenheit des bedeutenden Vaters. Ein Abbild des Prinzen, eine stolz dreinblickende Statue, geschmückt mit einer goldenen Uniform und umrahmt von einem weiß-roten Blumenmeer, befindet sich in dem tempelähnlichen Gedenkhaus.
Prinz von Chumphon: Marine und Medizin
Im Alter von 13 Jahren wurde Abhakara Kiartivongse, so der eigentliche Name des Prinzen, nach England geschickt, wo er eine Militärakademie besuchte. Ein geschickter Schachzug, denn von den Briten lernen, heißt von den besten lernen, schließlich war die Royal Navy bis ins 20. Jahrhundert hinein die stärkste Seestreitmacht der Welt. Damit aber nicht genug, die Beschäftigung mit den Geheimnissen der militärischen Seefahrt reichte dem jungen Mann irgendwann nicht mehr und so studierte er zusätzlich auch noch Medizin, seine besondere Neigung galt der Pflanzenheilkunde. Von dem erworbenen Wissen hat der königliche Sproß später dann intensiv Gebrauch gemacht, wobei Menschen sämtlicher gesellschaftlicher Schichten in den Genuss seiner Behandlung kamen. Auch das ist einer der Gründe für die glühende Verehrung, die dem Prinzen entgegengebracht wird.
Einige Schritte weiter erinnert ein Kriegsschiff, in Strandnähe aufgedockt, ebenfalls an den Prinzen von Chumphon. Der graue Zerstörer spielt in seiner Vita eine besondere Rolle, den Kauf nämlich hat der Prinz im Jahr 1920 höchstpersönlich abgewickelt. Und zwar dort, wo er zuvor so fleißig gebüffelt hatte: in England. Anschließend wurde das Schiff unter seinem Kommando von Europa nach Thailand überführt. War es unter dem Namen HMS Radiant ursprünglich Teil der britischen Kriegsmarine und für diese im Ersten Weltkrieg im Einsatz, sollte es nun, umbenannt in HTMS Phra Ruang, der Königlich-Thailändischen Marine dienen. Und dort, bei den Seestreitkräften, liegen nun auch die größten Verdienste des mittlerweile zum Kommandeur aufgestiegenen Prinzen. Admiral Krom Luang Chumphon Khet Udomsak, so sein Name inzwischen, hat die thailändische Marine modernisiert und komplett neu strukturiert. Er wird daher auch als Vater der Royal Thai Navy bezeichnet.
Chumphons schöne Strände
Mein Blick schweift über den Sai Ri Beach, an dessen Nordseite sich der Sadej Tia Schrein zu Ehren des Prinzen befindet. Ganz weit weg entdecke ich eine einsame Gestalt, einen Mann, der an seinem Boot hantiert. Der Fischer ist der einzige Mensch weit und breit und kurz überlege ich, zu ihm hinzulaufen, um seine Geschichte zu hören. Aber er wird mich, den Farang, kaum verstehen, also lasse ich es und blicke nur weiter hinüber, in die Ferne. Es gibt viele Strände in der kleinen Provinz, die zwar schmal ist, aber dafür umso länger, mehr als 200 km misst ihre Küstenlinie. Etwa 15 km nördlich der Provinzhauptstadt befindet sich der Thung Wua Laen Beach, der beliebteste Strand, was nicht überrascht, schließlich gilt er sogar als einer der schönsten am Golf von Thailand überhaupt. Kaum vorstellbar also, dass man auch ihn einmal ganz für sich allein haben kann.
Weitere Attraktionen in Chumphon
Bei so viel Küste in Chumphon besteht kein Zweifel: Meeresfreunde und Wasserratten kommen hier voll auf ihre Kosten. Doch neben entspannten Strandaktivitäten sowie Schnorchel- und Tauchausflügen sind noch viele weitere Unternehmungen möglich. Wir wären nicht in Thailand, gäbe es nicht auch in Chumphon Tempel, die besichtigt werden können. Wasserfälle und Höhlen warten darauf, erforscht zu werden und Rafting-Touren werden ebenfalls angeboten. Der Aussichtspunkt Khao Matsee bietet außerdem einen spektakulären Panoramablick, kombiniert mit dem romantischen Sonnenuntergang ein faszinierendes Erlebnis.
Der Muh Ko Chumphon Nationalpark lädt ein zum Studium der lokalen Flora und Fauna. Er wird vor allem von Mangrovenwäldern bestimmt und lässt sich am besten auf einer Kajak-Fahrt erkunden. Im Nong Yai Royal Development Project wird durch Schaffung von Wasserreservoirs drohenden Flutkatastrophen vorgebeugt und zugleich Vorsorge für die Trockenzeit getroffen. Das Gebiet ist aber auch eine Touristenattraktion, ein hölzerner Spazierweg führt durch das Biotop mit seiner spannenden Vogelwelt.
Kulinarische Genüsse warten zudem auf dem Night Market an der Krom Luang Chumphon Road. Phad Thai (gebratene Nudeln) und Hoi Thod (gebratene Muscheln) oder Ho Mok (gedämpfter Fisch mit scharfer Currypaste) gelten hier als Delikatessen – neben frischem Fisch und Meeresfrüchten natürlich. Die lokale Spezialität schlechthin ist allerdings die Ladyfinger-Banane, klein und ziemlich süß – mit Schokolade überzogen auch ein beliebtes Souvenir. Der Vorrat, den ich mir zulege, sollte keine 24 Stunden halten.
Wo sind die Touristen?
Eindrucksvoll und vielseitig hat sich dieses Chumphon gezeigt und zum Schluss bleibt daher nur eine Frage offen: wo sind eigentlich die Touristen? Also westliche Besucher wohlgemerkt, denn zumindest für die thailändischen Gäste ist die kleine Provinz offensichtlich kein Geheimtipp mehr. Und möglicherweise würde sich das ja auch der Mann fragen, den sie nicht nur hier in Chumphon so glühend verehren und dem sie sogar magische Fähigkeiten nachsagen. Der Prinz, der zu einer Legende geworden ist und der am 19. Mai 1923 verstorben ist – in Chumphon.
Chumphon auf einen Blick
- Anreise mit dem Zug von Bangkok (oder anderen Orten), täglich mehrere Verbindungen, wahlweise tagsüber oder nachts. Fahrplan auf der Website der State Railway of Thailand
- Alternativ: Bus von Bangkok (oder anderen Orten, z.B. Ranong oder Hua Hin)
- Oder: Flug von Bangkok, täglich mehrere Verbindungen, Abfrage über die gängigen Suchmaschinen wie Skyscanner oder Kiwi.
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Hinweis: mein Aufenthalt in Chumphon erfolgte auf Einladung der Tourism Authority of Thailand
Toller Beitrag! Habe die Region auch noch nicht besucht, da ich nicht so der Meer Liebhaber bin. Aber wenn man deinen Bericht liest, bekommt man Lust Chumphon zu besuchen. Mit den Touristen ist es wie in den meisten Regionen, es gibt die Hot-Spots und davon abseits wird es immer und immer ruhiger. Oftmals steht ja auch nichts in Reiseführern drin. Aber durch deinen Bericht könnte sich das ändern.
Moin Danni, danke für “die Blumen”! 😉 Ich finde es vor allem immer wieder erstaunlich, dass viele Touristen grds. dahin reisen, wo “alle” hinfliegen/fahren. Dieser Herdentrieb scheint irgendwie angeboren zu sein … 😀
LG, Wolfgang
Die Familie meiner Frau wohnt in Chumporn, und wir sind relativ oft dort. Erst vor einer Woche waren wir auch wieder am Prinzentempel und haben dort unser “Tam Bun” gemacht und um Hilfe und Fuehrung bei Lebensfragen gebeten. Die persoenliche Geschichte des Prinzen Abhakara hat mir besonders deswegen imponiert, weil er sich mit alternativen Heilmethoden beschaeftigte, besonders den Armen medizinisch half und sich auch mit Dingen beschaeftigte, die ueber die normale Schulmedizin und Schulweisheiten hinausgehen. Ein goldenes Blatt mit seinem Bild haengt bei uns im Auto, denn er ist auch als Schutzheiliger bekannt. Wir entdecken in Chumphon grundtsaetzlich immer etwas Neues und lieben die Gegend besonders, weil sie noch nicht so ueberlaufen und kommerzialisiert wurde wie Phuket, Krabi oder Samui. Ich kann einen Chumphon Besuch nur dringend empfehlen und danke Wolfgang fuer diesen schoenen Beitrag und die schoenen Bilder. Liebe Gruesse aus Khao Lak, Franky und Familie
Danke für den netten Kommentar mit den interessanten Ergänzungen, Franky. Ja, mir gefallen die weniger überlaufenen Orte auch besser, allerdings war ich, um beim Stichwort Phuket zu bleiben, von der Hauptstadt, Phuket Town wiederum angenehm überrascht (während ich die tatsächlichen Touristen-Hotspots außen vor gelassen habe, konnte ich dort viel spannendes entdecken…).
LG, Wolfgang