In Thailand werden am Valentinstag Gratiskondome verteilt. Was ist da los am Tag der Liebe? Nachdem das Event in der Vergangenheit an mir eher vorbeigegangen war, habe ich nun etwas genauer hingeschaut, was am 14. Februar passiert – zunächst in Bangkok und Hua Hin, ein Jahr später dann im Norden des Landes.
Das Tagesgeschehen in Thailand zu verfolgen sowie bei anderen wichtigen Themen auf dem Laufenden zu bleiben, ist nicht schwer – im “Land of Smiles” gibt es verlässliche englischsprachige Medien, die online verfügbar sind. In den Tagen vor dem 14. Februar lässt mich eine Meldung aufhorchen.
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Gratiskondome zum Valentinstag
In Bangkok werden zum Valentinstag 2 Millionen Gratiskondome verteilt, heißt es. Die auf der Hand liegende Frage: Was ist da los in der “Stadt der Engel”, so die Übersetzung von Krung Thep, Kurzform des eigentlichen offiziellen Namens der thailändischen Hauptstadt? Herzloses Gerammel am Tag der Liebe statt von Blumen und Pralinen begleitete Romantik?
Für Aufklärung sorgen dann jedoch die folgenden Beobachtungen. Das Schenken von Blumen, vor allem von Rosen, ist auch in Thailand durchaus angesagt am Valentinstag. Allerdings sind die Preise gestiegen und es wird daher weniger Geld ausgegeben. Grund sind die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen, schuld ist die Coronakrise. Hinzu kommen Engpässe in der Floristik – Regen und Sturm beeinträchtigen den Ertrag bei der Blumenernte im Norden des Landes.
Von Rom nach Thailand
Mythen ranken sich um die Entstehung des Valentinstages, dessen Ursprünge viele Jahrhunderte zurückreichen. Gleich mehrere Persönlichkeiten namens Valentinus gab es in frühchristlicher Zeit – Priester, Märtyrer, Heilige. Und wenngleich der Valentinstag einem ganz bestimmten Bischoff gewidmet sein soll, sind möglicherweise auch die Legenden um weitere Personen in die Ursprungsgeschichte eingeflossen. Manche Quellen vermuten jedoch, das ganze historische Drumherum sei nur erfunden. Aber um das Ergründen dieser Geheimnisse soll es ja nicht gehen, es wäre ohnehin müßig – und das erst recht im fernen Südostasien.
Während in England entsprechende Bräuche immerhin seit dem 18. Jahrhundert gepflegt werden, hat sich in Deutschland der aus dem alten Rom stammende Valentinstag erst nach dem Zweiten Weltkrieg etabliert. Dass der Tag der Liebenden dann noch viel später auch nach Thailand hinübergeschwappt ist, wird daher kaum überraschen. Von Rom nach Thailand, also wahrlich ein langer Weg, und das nicht nur geografisch gesehen!
Andere Länder andere Sitten
In Italien werden am Valentinstag mit Namen versehene Liebesschlösser an Brücken angebracht und die Schlüssel anschließend ins Wasser geworfen. Das Schloss muss ja nie wieder geöffnet werden, schließlich soll die Liebe ewig halten. So jedenfalls die Theorie. Auch Schweden ist ein Spätstarter, erst seit den 1980er Jahren schenkt man sich dort am als “Tag aller Herzen“ bekannten Valentinstag rote Weingummi-Herzen. Doppelter Valentinstag in Japan: Am 14. Februar sind zunächst die Frauen am Zuge, sie beschenken den geliebten Menschen wie auch Bekannte oder Kollegen mit dunkler Schokolade. Erst einen Monat später sind dann auch die Männer an der Reihe und erneut geht es um Schokolade. Die ist jetzt weiß und geht an die jeweilige Herzdame.
Ein Tag der Freundschaft ist der Valentinstag in Finnland. Praktisch für Singles – die können mangels Partnerin oder Partner einfach ihren Freunden ein Geschenk machen. Oder es ganz sein lassen, es soll schließlich auch Valentinstagsmuffel geben und das ganz sicher nicht nur in Skandinavien.
14. Februar in Thailand
An Feiertagen mangelt es in Thailand nicht – Loy Krathong, das Lichterfest, oder auch Songkran gehören zu den bekanntesten. Und als ob die eigenen Festivitäten nicht ausreichten, werden zudem gern auch ausländische Bräuche übernommen, Halloween ist ein Beispiel oder auch der irische St. Patrick’s Day. Und natürlich nicht zu vergessen Weihnachten. Bleibt der eigentliche Sinn dabei oft auf der Strecke, darf eins bei den meisten dieser Feste jedoch nicht fehlen: Bunte Deko, die für fotogene Kulissen sorgt – zum Beispiel in den Shopping Malls. Insbesondere viele junge Leute sind begeisterte Fotografen, jede Gelegenheit wird für Selfies und andere Aufnahmen genutzt. Um die Ergebnisse anschließend in den Weiten des World Wide Web zu präsentieren – TikTok, Facebook oder Instagram bieten dafür den passenden Rahmen.
Valentinstag als “National Deflower Day”
Und was hat es nun mit den Gratiskondomen auf sich? Junge Thailänderinnen und Thailänder nehmen den Tag der Liebe sehr ernst. Neben Rosen, Geschenken und einem schönen Abendessen nennen ihn manche auch den “National Deflower Day” (der englische Begriff dürfte unmissverständlich sein). Was zum einen erklärt, dass Verliebte sich per Schnelltest auf mögliche COVID-19-Infektionen testen sollen, bevor sie ihre Liebe körperlich vollziehen. Zum anderen gibt dies der Kondomausgabe ihren Sinn!
Last but not least, noch eine ergänzende Meldung aus dem thailändischen Gesundheitsministerium: Kein Sex oder Selbstbefriedigung seien mit Blick auf COVID-19 am sichersten, heißt es von dort.
Ein Jahr später in Nordthailand
In Phrae ist zunächst nicht viel von Valentinstag zu spüren, man muss schon genau hinschauen, um Hinweise auf den Tag der Liebe zu entdecken. Im “Seven”, dem allgegenwärtigen Minisupermarkt, werden Süßigkeiten angepriesen. Ein, zwei Schaufenster sind dezent dekoriert und lediglich in einem Geschäft entdecke ich einige Blumensträuße, das ist alles.
Allerdings: Am Abend sind im Restaurant meiner Wahl alle Plätze belegt. Herzen baumeln über dem Eingang zum “Infinity” und die Tische sind mit roten Ballons dekoriert. Zum Thai Food lassen sich die meisten Gäste Rotwein schmecken – die Flaschen selbst mitgebracht, wie es in Thailand nicht ungewöhnlich ist. Ein romantisch-geselliger Abend in Phrae, also doch noch ein wenig mehr Valentinstagsstimmung im Norden Thailands als anfangs zu erwarten war.
In den Tagen nach dem 14. Februar bin ich Nan und stoße dort auf das Kunstwerk “Whisper of Love”. Das Mural ist im Wat Phumin, dem berühmtesten Tempel der Stadt, zu finden und zeigt ein flüsternd-flirtendes Paar, ein passendes Motiv also für den Valentinstag, mit dem die beiden Protagonisten eigentlich jedoch nichts zu tun haben. Valentinstagsblumen sind in Geschäften mit entsprechender Deko noch immer erhältlich und es hat nicht den Anschein, als werde sich daran kurzfristig etwas ändern. Man könnte beinahe denken, jeder Tag wäre hier in Nan ein Valentinstag.
Inzwischen ist bereits eine Woche vergangen und auch in Uttaradit ist noch immer “Valentinstagssaison”, spezielle Menüs werden hier angeboten und das noch bis Ende Februar. Ach ja, Kondome hat es auch wieder gegeben in Thailand. 95 Millionen Präservative sind es diesmal, das Thema kennen wir ja schon, Tag der Entjungferung ist das Stichwort. Nur: Sind 95 Millionen nicht etwas übertrieben angesichts einer Einwohnerzahl von 66 Millionen? Die Auflösung liefert die Bangkok Post: Ein ganzes Jahr sollen die Verhüterli reichen, “nur” 10 Stück werden daher wöchentlich pro Person ausgegeben, vier Größen sind erhältlich. Na bitte, so kann in Thailand tatsächlich jeder Tag zum Valentinstag werden! Und in einem Jahr wird es dann ganz sicher wieder neue Lümmeltüten geben …
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