Phaistos? Von den historischen Stätten im Reich des sagenumwobenen König Minos hatte ich zuletzt in der Schule gehört. Nicht, dass mein Interesse besonders groß gewesen wäre, damals im Geschichtsunterricht. Aber jetzt in Matala, ganz in der Nähe, erinnerte ich mich wieder und die Neugier war geweckt. Ich wollte mir die Jahrtausende alten Ruinen anschauen.
Bereits um 3.000 v. Chr. hat man in Phaistos, auch Phaestos oder Festos genannt, mit der Besiedlung begonnen. Etwa tausend Jahre später stand dort der nach Knossos zweitgrößte minoische Palast Kretas. Die historischen Stätten sind rund 12 km von Matala entfernt, wo ich im Matala Valley Village abgestiegen war. Matala, der Ort, wo nach griechischem Mythos Zeus in Gestalt eines Stieres an Land ging. Damals mit dabei: Die von ihm gekidnappte phönizische Prinzessin Europa.
Inhalte
Flower-Power in Matala
War es diese Sage, die in den 1960er-Jahren solch eine Anziehungskraft auf Hippies ausübte? Zu der Zeit haben sich Blumenkinder aus aller Welt in den Felshöhlen rund um Matala angesiedelt. Worum ging es? Um Musik und Drogen. Um Freiheit, Frieden und Liebe. Flower-Power auf Kreta. Matala, das griechische Goa?
Matala und Kreta: Nützliches und Inspirierendes
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Dass Cat Stevens und Bob Dylan zeitweise in Matala waren, ist übrigens eine Legende. An der wird zwar immer mal wieder gestrickt, wahr wird sie deswegen trotzdem nicht. Joni Mitchell hingegen war tatsächlich vor Ort, das ist belegt.
Nach einer Busverbindung zwischen Matala und Phaistos hatte ich erst gar nicht geschaut, es gibt sie aber. Viel verlockender erschien mir der Fussmarsch durch die Weite der südkretischen Landschaft. Am späten Vormittag war ich in Matala gestartet. Zwei kleinere Orte passiere ich unterwegs und Menschen lassen sich kaum blicken. Nur gelegentlich kreuzt ein Auto meinen Weg. Ungestört kann ich die Eindrücke der Messara-Ebene auf mich wirken lassen. Und die Mittagshitze.
Mit dem Bus von Matala nach Phaistos
Fahrplan: Auf der Website der Busgesellschaft KTEL zu finden.
Die Kapelle am Wegesrand
Zwei Drittel des Weges sind zurückgelegt. Vielleicht etwas mehr. Ein kleines Gebäude steht auf der rechten Strassenseite. Umgeben von einer Mauer, durch die eine rostige Metalltür führt. Die lässt sich problemlos öffnen, ist lediglich angelehnt. Meine Neugier ist sofort geweckt, ich kann nicht einfach so vorbeigehen.
Im Inneren der Mauer befinden sich Gräber, interessanter für mich ist aber das Gebäude selbst. Die Holztür ist ebenfalls nur angelehnt. Leise öffne ich und betrete vorsichtig die kleine Kapelle. Ein nahezu leerer Raum, nur in einer Ecke liegen verblichene Heiligenbilder. Alte Malereien verzieren die steinernen Wände, man muss genau hinschauen, sie sind teilweise kaum noch sichtbar.
Skelettteile im Inneren
In der Wand auf der linken Seite bemerke ich eine Öffnung, die groß genug ist, um den Kopf hineinzustecken. Zu sehen ist auf Anhieb nichts. Kein Tageslicht dringt an diesen verborgenen Ort. Mein Smartphone muss als Taschenlampe herhalten. Plötzlich merke ich, wie kühl es innerhalb der Mauern ist. Und wie still. Kein Laut dringt von draußen herein.
Auf Schädel und Knochen fällt das Licht. Die Dunkelheit gibt nun preis, worüber sie zuvor noch ihren Mantel gelegt hatte. Sterbliche Überreste füllen den kleinen Raum. Wem mag das Gebein gehört haben? Warum liegen die Knochen hier und nicht draußen in den Gräbern? Von welchen Schicksalen würden sie erzählen, könnten sie sprechen? Fragen, auf die es keine Antwort gibt. Es ist ja niemand da, der für Aufklärung sorgen könnte. Es zieht mich wieder hinaus an die Sonne. Noch gefangen von den Eindrücken setze ich meinen Fußmarsch Richtung Phaistos fort.
Phaistos: Eldorado für Archäologen
Zwei, drei Busse mit Touristen überholen auf dem letzten Stück des Weges. Das Ziel rückt näher. Verschwitzt erreiche ich Phaistos, es war noch eine Weile stetig bergauf gegangen. Auch Menschen treffe ich jetzt wieder. Insassen einiger Reisebusse warten auf die Abfahrt, während Neuankömmlinge Richtung Eingang laufen. Ich entrichte meinen Obolus und betrete ebenfalls die historischen Stätten.
Ein wenig Phantasie gehört dazu, sich hier den prunkvollen Palast vorzustellen, um den es sich einmal gehandelt hat. Die im Jahr 1900 begonnenen Ausgrabungen haben nur die untersten Schichten der alten Gebäude zum Vorschein bringen können. Bausubstanz jüngeren Datums musste sogar entfernt werden, um die antiken Überreste freizulegen.
Phaistos: Öffnungszeiten und weitere Infos
Detaillierte Informationen zur Ausgrabungsstätte finden sich auf der Website von Explore Crete in deutscher Sprache.
Interessant ist das alles zwar, aber die ganz große Begeisterung bricht bei mir nicht aus. Für archäologisch Interessierte mag das zu mehr Entzücken führen. Für mich ist der Ausblick in die Weite der Ebene spektakulärer. Der muss damals, vor tausenden von Jahren, aber vollkommen anders gewesen sein. Damals lag Phaistos noch direkt an der Küste.
Nachdem ich mir alles angeschaut habe, trete ich den Rückweg an und lasse die Stätte mitsamt ihren Besuchern hinter mir. Ein Bus überholt. Die Leute haben es bequem und bestimmt auch etwas kaltes zu trinken an Bord. Ich habe dafür einen trockenen Mund. Tauschen möchte ich trotzdem nicht.
Erfrischung: Mythos und Komos
Als ich eine der beiden Ortschaften durchquere, die wieder auf meinem Weg liegen, finde ich ein Geschäft. Zielstrebig steuere ich auf den Kühlschrank zu. Ein schattiges Plätzchen ist anschließend schnell gefunden und das herrlich kalte Mythos eine feine Erfrischung. Zwar hatte ich zunächst eine Flasche Wasser in der Hand gehabt, diese aber schnell wieder zurückgestellt. Zu verlockend war der Anblick des kühlen Gerstensafts. Natürlich verfehlt er seine Wirkung nicht. So bleibe ich noch eine Weile im Schatten sitzen, bevor ich meinen Marsch fortsetze.
Bald ist die Küste in Sichtweite. Kurz vor Matala biege ich rechts ab. Der Komos ist das Ziel, der wunderbare kilometerlange Strand. Was für ein herrlicher Abschluss meiner Exkursion. Erst das Mythos, das erfrischende Kaltgetränk, und dann hinein in die Fluten. Badekleidung ist am Komo Beach übrigens nicht erforderlich. Der Küstenabschnitt gilt als bester FKK-Strand auf Kreta.
Michael Terschüren und seine Frau Iris haben eine ganz besondere Beziehung zu Kreta, Grund genug, ihn nach Erfahrungen und Insidertipps für die Gegend um Matala zu befragen.
Insidertipps und Infos von Michael Terschüren
Michael, was ist das besondere an Matala und Umgebung, dass Ihr immer wieder dorthin zurückkehrt?
Vor 15 Jahren suchten wir ein neues Reiseziel. Dank Google Earth fanden wir den Komos, einen 10 km langen Traumstrand, der von Pitsidia bis Agia Galini reicht. Und zwar ohne die im Norden übliche Lärmbelästigung durch Beachpartys und Wassersport. Da dort die geschützten Caretta-Schildkröten heimisch sind, steht der Strand ja sogar unter Naturschutz.
Hast Du Empfehlungen für Ausflüge und andere Unternehmungen?
Aufgrund der Lage ganz im Süden empfehlen sich Ausflüge zu den nahegelegenen antiken Ausgrabungsstätten, neben Phaistos auch nach Gortys. Weitere interessante Ziele sind das Kloster Odrigitas, der tolle Gewürzladen Botanos in Kouses oder der Hippie-Ort Lentas. Die Fahrt in den Norden nach Knossos, Rethymno und Chania dauert mit 1,5 – 2,5 Stunden etwas länger, aber die Südküste hat mit dem Palmenstrand von Preveli und teilweise einsamen Buchten ja auch viel zu bieten.
Welches sind Deine Lieblingsrestaurants und was ist die Spezialität dort?
In Matala das Sunset mit Blick auf den Felsen bis nach Agia Galini, hier gibt es fantastischen Octopus, und Giannis Grill House mit leckeren Sachen vom Grill. Im Nachbarort Pitsidia die Pizzeria Aridane mit einer erstklassigen Steinofenpizza. An der Bunga-Bunga Beachbar am Komos gibt es tolle Salate und feines Souvlaki. Mein absoluter Geheimtip ist die Taverne Odysseas in Ditikos, Nähe Lenas. Die Muscheln in Weißweinsoße dort sind ein Traum! In dem kleinen Touristenort Kalamaki am Komos besticht das Delfinia mit seinen Lammkoteletts. Und oberhalb des Komos an der Steilklippe gibt es im Vrahos sehr leckeren Fisch.
Was hat sich vor Ort in den letzten 15 Jahren verändert?
Die Anfahrt vom Flughafen Heraklion nach Matala ist deutlich schneller geworden, man braucht nur noch etwa eine Stunde. Durch die neue Autobahn sind allerdings viele kleine Orte abgeschnitten worden, was zu Lasten der Bewohner und ihrer kleinen Geschäfte geht. Hinzu kommt der Bau großer Supermärkte wie Lidl in Mires, Carrefour in Matala. Viele kleine Hotels sind außerdem entstanden, jedoch mit maximal 40 Zimmern. Bettenburgen und All Inclusive finden sich Gott sei Dank auch weiterhin nur im Norden. Die Preise haben sich stark verändert, liegen aber deutlich unter deutschem Niveau und dem anderer Mittelmeeranrainerstaaten. Man kann zum Beispiel für € 30 mit Vor- und Nachspeise inklusive Wein oder Bier (1÷2 l Bier kostet € 2,50 €, 1 l Wein € 4) vorzüglich essen gehen.
Wie hat sich die “Griechenland-Krise” vor Ort ausgewirkt? Und wie ist die Stimmung bei den Einheimischen gegenüber Deutschen?
Viele Freunde, die auch schon lange Jahre dorthin fahren, berichten nur positives von ihren aktuellen Besuchen. Da Kreta vom Tourismus gut lebt und die kretische Gastfreundschaft deutlich ausgeprägter ist als auf dem Festland oder auf anderen Inseln, ist jeder willkommen. Viele, insbesondere Individualtouristen, unterstützen die Einheimischen mit einem Einkauf im kleinen Supermarkt um die Ecke und wenn es mal zu Lidl geht, dann wird etwas in die Sammelbox für Lebensmittel für die bedürftigen Bewohner gelegt.
Magst Du etwas zu Deinem Projekt MuT-aS erzählen?
Menschen und Tiere am Siebengebirge e. V., kurz MuT-aS, habe ich mit Freunden vor 2 Jahren als Tierschutzverein gegründet. Wir haben Kooperationspartner in Portugal, Bosnien und Herzegowina und Mallorca. Und Michaelas Artemis Crete Rescue unterstützen wir außerdem seit Jahren privat. Ich manage die Facebook-Gruppe Kalamakiwelpen für sie und für ihre Hunde besorgen wir Pflegestellen.
Hast Du zum Abschluss noch weitere Tipps für die Gegend um Matala?
Die Eselstation an der Hauptstraße von Petrokefali nach Pitsidia ist ein schöner Ausflugstip, insbesondere mit Kids. Ein Besuch beim Raki-Opa lohnt sich auch immer. Das bezaubernde hochbetagte Ehepaar bessert sich mit dem Verkauf eines sanften, selbstgebrannten Raki die Rente auf. Im Rahmen des Verkaufsgespräch gibt es auch immer Raki, Feigen und Weintrauben. Einen weiteren tollen Strand gibt es noch zwischen Agios Pavlos und Triopretra. Empfehlen kann ich außerdem die kleine, aber sehr schöne Schlucht von Agiofarango. Leihwagen bekommt man in Matala bei Kri-Kri. Und last but not least “unser” Hotel: Das Hotel Calypso.
Hallo Wolfgang, bekanntes Terrain, sehr schön geschrieben. Die kleine Kapelle ist die schönste auf ihre Art die ich bisher auf Kreta entdeckt hatte.
Weiter so, freu mich mehr von Dir zu sehen und zu lesen.
LG Micha
Danke, Micha… Oh, Du warst auch in der Kapelle? Hast Du auch einen Blick auf die Knochen werfen können? Wenn´s bei Euch jetzt wieder los geht, müsst Ihr aber ein paar Mythos für mich mittrinken. 😉
Viel Spaß & LG
Wolfgang
Danke Wolfgang, ab Freitag trinke ich gerne diverse Mythos auf Dein Wohl. Nach den Knochen schau ich dann mal… 🙂
Dir eine gute Zeit im Zedernstaat
LG Micha
Danke. Genau, schau´ mal, ob die Knochen noch “leben”… 😉
He Du!
Ist schön nach Phaistos zu traben, mach ich wenn ich “da” bin jedes Mal-und jedes Mal ist es anders.. Schön geschrieben , beamt mich direkt hin…Hättest allerdings Aghia Triada “mitnehmen “sollen.
Dort ist eine tolle Atmosphäre.Bin sicher das würde dir gefallen.
grüsse von einer seit 25 Jahren Matala ‑Süchtigen, der Gilla
Sehr schön, Gilla! 😀 Und ich dachte schon, ich wäre der einzige, der dort über die Insel marschiert. 😉 Tja, und das mit Aghia Triada hätte ich mal vorher wissen sollen …